Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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zum Einsatz kommen sollte, wenn sich sämtliche Möglichkeiten der klassischen Technik erschöpft hätten: "Vorläufig kann ich […] allerdings nur negativ formulieren und sagen, daß man die Aktivität nicht anwenden darf, wenn wir nicht mit gutem Gewissen behaupten können, daß bereits alle verfügbaren Mittel der nichtaktiven, also mehr passiven Technik entsprechend zur Anwendung gebracht wurden." (1926, S. 5). In diesem Zusammenhang ist es wichtig, Freuds eigene behandlungstechnischen Modifizierungen anzuerkennen, die gleichfalls in Richtung einer verstärkten Aktivität des Analytikers zielten, und zwar vor allem – wie schon bei Ferenczi und Rank – in der Behandlung phobischer und zwangsneurotischer Patienten. Freud (1910d, 1919a [1918]) erwog die Notwendigkeit, phobische Patienten aktiv zu ermutigen, sich mit ihren Ängsten zu konfrontieren, und setzte jenen, die er als Zwangsneurotiker betrachtete, ein Beendigungsdatum. So erstmals geschehen im Falle des „Wolfsmannes“, dem er die Beendigung im Juli 1914 ankündigte (Freud 1918b). II. D. WEITERE FRÜHE INTERNATIONAL EINFLUSSREICHE BEITRÄGE Hermann Nunberg (1932) erläutert, dass die freien Assoziationen helfen, den manifesten Trauminhalt mit dem latenten zu verbinden, und auf diese Weise zum Ausgangsmaterial für die Traumdeutung werden. Er weist außerdem darauf hin, dass auch die freie Assoziation sich als Widerstand manifestieren kann: Der Patient kann entweder nicht aufhören zu reden, er vermag nicht zu schweigen – entweder weil er sich vor dem Schweigen fürchtet, oder weil er den Analytiker „kontrollieren“ und dessen Reaktion abwehren will, um auf diese Weise eine mögliche Vertiefung des Assoziationsprozesses zu verhindern. Zwei prominente frühe Kinderanalytikerinnen, Melanie Klein und Anna Freud , stimmten darin überein, dass kleine Kinder nicht verbal „frei assoziieren“ können, weil ihre Sprache und ihre Fähigkeit zur Selbstreflexion noch nicht hinreichend entwickelt sind. Sie gelangten jedoch zu ganz unterschiedlichen Auffassungen, was die Beziehung zwischen dem kindlichen Spielen mit Objekten und der freien Assoziation betrifft. M. Klein (1926, 1927) behauptete, dass das spontane Spiel der Kinder den freien Assoziationen des Erwachsenen entspreche und somit einen Zugang zum Unbewussten bahne. An die Stelle der unbewussten Traumsymbolik trat hier das symbolische Spiel mit den Spielsachen-Objekten. In ihrem späteren Werk hat Klein dies klarer formuliert: “[…] das Kind brachte seine Phantasien und Ängste von Anfang an vor allem durch sein Spiel zum Ausdruck, dessen Bedeutung ich dann interpretierte – mit dem Ergebnis, daß weiteres Material im Spiel zutage trat. […] Diese

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