Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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auch unter den sich im Laufe des analytischen Prozesses verändernden Bedingungen. Eine Pause im Fluss der freien Assoziationen gibt seiner Ansicht nach zu erkennen, „dass etwas nicht stimmt“ (S. 10). Er erläutert, dass das freie Assoziieren und die analytische Situation neue Erfahrungen für den Patienten seien, da er sie in seinen sozialen Beziehungen nicht kennengelernt habe (S. 17). Glover betont die Notwendigkeit, den Patienten zu bitten, seine Gefühle und nicht nur seine Gedanken auszusprechen (S. 32). Sowohl Schweigen als auch Intellektualisierungen werden von ihm als Widerstände betrachtet; im Falle langer Schweigepausen empfiehlt er, die präverbale Sprache zu deuten (S. 32f.). Außerdem hob er hervor, dass oral-libidinöse Aspekte sich sowohl in der freien Assoziation als auch in der Aufnahme von Deutungen manifestierten (S. 110). Auf der Grundlage dieser frühen Entwicklungen tauchten in allen Regionen charakteristische Trends auf, beispielsweise die Spezifizierung der Bedingungen, unter denen freie Assoziationen ihre zentrale Rolle als eine der strukturierenden Säulen der psychoanalytischen Situation beibehalten; spezifiziert wurden des weiteren Bedingungen, unter denen der Einsatz des freien Assoziierens mehr oder weniger stark eingeschränkt werden sollte; die Modifizierung des theoretischen Verständnisses und der klinischen Anwendung der freien Assoziation einschließlich der Erweiterung dessen, was „freie Assoziation“ bei einer erweiterten Patientenpopulation – unter Berücksichtigung des Alters, des klinischen Zustandes sowie kultureller Faktoren – bedeutet; die Art und Weise der Anleitung sowie der Faktoren, die das freie Assoziieren erleichtern bzw. erschweren. Diese von Kontroversen begleiteten, dem Konzept inhärenten Entwicklungen wurden durch spätere Umfangen, die insbesondere in Nord- und Südamerika durchgeführt wurden, belegt. Viele weitere Entwicklngen hingen interregional miteinander zusammen. Dennoch konzentrierte sich jede Region, wenngleich unter Berufung auf dieselben Theoretiker, oft auf unterschiedliche Aspekte ihrer Beiträge, die dann weiterentwickelt wurden. Aus diesem Grund finden dieselben Autoren u.U. in mehreren Regionen Erwähnung, allerdings jeweils mit Verweis auf den spezifischen Beitrag, der für die Weiterentwicklung des Konzepts in der jeweiligen Region relevant ist.

III. WEITERENTWICKLUNGEN DES KONZEPTS IN NORDAMERIKA

Während 1926 kein Zweifel daran bestand, dass dem Konflikt zwei Dimensionen eignen, nämlich zum einen der Inhalt, der abgewehrt wird, und zweitens die Abwehrprozesse, konzentrierte sich Freuds Aufmerksamkeit in erster Linie auf den abgewehrten Inhalt. Anna Freud (1987 [1936]) schrieb den Abwehrprozessen den gleichen Stellenwert für die Konfliktgenese zu. Heinz Hartmann (1939/1958), Ernst

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