01-2017 D

Der grosse Plan mit Angst und Hass – spielen wir mit?

Nächstenliebe mit Folgen In Guinea gab es vor einiger Zeit einen kurzen Aufstand eines muslimischen Volkes gegen ein animistisches/ christliches Volk. Jugendliche zogen dabei auf das grosse Gelände unserer Partnerkirche in N’Zérékoré und zerstörten die Kirche und diverse Häuser. Als sie die Schule, die zur Kirche gehört, ebenfalls zerstören wollten, wehrte sich einer der Jugendlichen und sagte: «Nein, hier bin ich zur Schule gegangen und wurde gut behandelt! Die Schule wird nicht zerstört!» Und so blieb das Gebäude intakt – als Folge davon, dass dieser junge Mann als Muslim in der Schule von den Lehrern, die zu einem anderen Volk gehörten, mit Respekt behandelt wurde. Botschafter der Versöhnung Wenn wir Muslimen zuerst einfach einmal mit Respekt und Liebe begegnen, sie als Menschen wahrnehmen und ihnen dienen, öffnet das Türen und ermöglicht echte Beziehungen. Paulus ruft uns als Christen im zweiten Brief an die Korinther (5,19-21) auf, Botschaf- ter der Versöhnung zu sein. Ein geniales Privileg! Genau das ist unser Anliegen als SAM global in unseren Ein- satzländern und in Europa. Und das ist auch mein per- sönliches Anliegen, da, wo ich zuhause bin und meine Kontakte habe. Ich spiele nicht mit, ich lasse mich nicht von Angst ver- führen oder zu Hass anstacheln. Ich will Muslimen mit Liebe und Respekt als Botschafter der Versöhnung be- gegnen. Und ich erlebe viel Freude dabei!

In vielen Ländern Europas haben die Menschen Angst vor Flüchtlingen – vor allem vor denjenigen mit muslimischem Hintergrund: Was, wenn sich unter ihnen Terroristen befinden? Inzwischen gab es genügend Anschläge in Frankreich, Belgien und Deutschland, dass diese Angst begründet scheint. Warum wird überhaupt zu solchen Attentaten aufge- rufen? Brutale Anschläge mit möglichst vielen Toten schüren Angst vor Muslimen und Hass ihnen gegen- über. Und genau das möchten militante muslimische Kreise erreichen: Je mehr Angst und Hass wachsen, des- to mehr werden Menschen mit muslimischem Hinter- grund ausgegrenzt – und die militanten Kreise erhoffen sich dadurch Zulauf. Das ist der Plan. Spielen wir mit? Liebe, die zum Nachdenken anregt Ich stehe häufig in Kontakt mit Menschen mit muslimi- schem Hintergrund. Ihre Gastfreundschaft ist oft beein- druckend. Ich verbringe gerne Zeit mit ihnen und finde es einfach, sie zu lieben! Meine Erfahrung ist zudem, dass sich die allermeisten klar und glaubwürdig vom militanten Islam distanzieren. Etliche beginnen sich so- gar die Frage zu stellen: Wenn das der Islam ist, will ich mich dann noch zu dieser Religion bekennen? Selbst angenommen, wir begegnen einmal Muslimen mit militanter Gesinnung: Was dient der Sache? Wenn wir Abneigung und Distanz signalisieren und sie aus- grenzen – und damit ihr Feindbild bestätigen? Oder wenn wir ihnen mit so viel Respekt und Liebe begeg- nen, dass sie beginnen, ihre Einstellung in Frage zu stel- len? Ein Muslim fragte mich einmal, ob alle, die sich in un- serer Gemeinde in Winterthur für Ausländerinnen und Ausländer engagieren, dafür bezahlt würden. Als ich verneinte, wurde er sichtlich nachdenklich – offenbar musste eine andere Motivation und sogar echtes Inte- resse dahinterstecken, dass diese Menschen Zeit und Energie investieren, um ihm und anderen Asylsuchen- den mit beispielsweise Deutschkursen zu dienen!

Jürg PFISTER, Leiter von SAM global

Zur Vertiefung empfehle ich: Benjamin Josi: Muslimen zum Segen werden Vishal Mangalwadi: Die offene Wunde des Islam

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