IHK-Global Business Ausgabe 07/2022

EUROPA/ZENTRALASIEN

LIEFERKETTENGESETZ EUROPA/ZENTRALASIEN

Alles einsteigen! Polen will seine Verkehrsinfrastruktur umweltfreundlicher machen. Unser Nachbar im Osten will dafür massiv ins Schienen- netz und in rollendes Material investieren. Ausschreibungen laufen bereits.

Erzeugung von Windenergie dürfte deutsche Expertise in den nächsten Jahren sehr ge- fragt sein. Deutsche Anbieter agieren bereits jetzt sehr erfolgreich auf dem polnischen Bahn- markt. Durch die zusätzlichen Investitionen in Schienen- infrastruktur und Rolling Stock ergeben sich weitere Geschäftsaussichten. In der Regel beantragen deutsche Unternehmen die Fördergelder nicht selbst, sondern arbeiten mit polni- schen Partnern zusammen. Diese nehmen entweder direkt an Ausschreibungen teil oder sind Zulieferer. Einen Über- blick über die Ausschreibun- gen gibt die Plattform TED (Tender Electronic Daily). Dort werden in der Regel auch deren Ergebnisse und die Marktteilnehmer bekannt gegeben, die den Zuschlag bekommen haben. Da die

und Wartungsniederlassung erbringen. Wer keine solche Niederlassung in Polen hat, kann mit polnischen Zuliefe- rern zusammenarbeiten. Sector Deals sind auf wenige Industriezweige beschränkt, die in Polen noch am An- fang stehen, wie zum Beispiel Windkraft- und Wasserstoff- projekte. Erfolgreiche Markterschließung Welche Strategie sich für den Markteinstieg in Polen am besten eignet, hängt von vielen Faktoren ab. Grund- sätzlich gilt, dass eine Markt- beobachtung und Marktbe- arbeitung aus Deutschland heraus zwar möglich ist, die fehlende räumliche Nähe zum Kunden mittelfristig aber zu Reibungsverlusten führen kann. Als ersten Schritt bietet sich an, den Markt über eine Handelsstruktur, zum Beispiel einen Vertriebspartner, zu be- arbeiten. Die Gründung einer Niederlassung ist mit höheren Kosten verbunden, ermöglicht aber direkten Kundenkontakt. Personal vor Ort ist außerdem eher in der Lage, auf kurzfris- tige Marktentwicklungen zu reagieren. Die AHK Polen unterstützt deutsche Unternehmen bei der Suche nach Vertriebspart- nern und Kunden und berät zu Absatzmöglichkeiten und Marktpotenzial in Polen. AHK/IHK

Ausschreibungen häufig auf mehrere Lose aufgeteilt sind, beteiligen sich auch kleinere polnische Unternehmen, die dann wiederum mit Partnern zusammenarbeiten. Sector Deals sollen Know- how ins Land bringen Die polnische Regierung hat in spezifischen Branchen so- genannte „Sector Deals“ ein- geführt. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Selbstver- pflichtung zwischen Industrie und Politik, dass mindestens 50 Prozent der Wertschöp- fung in Polen erfolgt. Das Abkommen soll ausländische Beteiligungen keineswegs ausschließen. Es zielt viel- mehr darauf ab, ausländisches Know-how ins Land zu holen und zu entwickeln. Deutsche Unternehmen können den polnischen Wertschöpfungs- anteil beispielsweise über eine polnische Produktions-

300 MILLIONEN EURO lässt sich Polen Ausbau und Modernisierung des Stromnetzes kosten.

weitere 800 Millionen Euro aus dem Fonds vorgesehen. Produktions-, Transport- und Nutzungskonzepte sind noch unklar. Gelder für Schiene, Bus und Tram Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Ausbau des Schienennetzes. Rund 5 Mil- liarden Euro sollen in das nationale Flaggschiff-Projekt Großflughafen CPK fließen. Konkret ist der Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zischen Lodz und Warschau geplant sowie ein 8 Kilo- meter langer Tunnel um Warschau. Auch nachhaltige Ver- kehrsmittel sollen aus dem Wiederaufbaufonds finanziert werden. Geplant ist der Kauf von 1.738 Bussen, 110 Stra- ßenbahnen sowie insgesamt 100 Regional- und Fernzügen. PKP Intercity hat bereits 38 Doppelstock-Züge ausge- schrieben. Unter den Be- werbern sind Siemens und Alstom. Aktuell läuft eine Ausschreibung des regiona- len Schienenverkehrsunter- nehmens Polregio über 200 elektrische Züge. Deutsche Unternehmen können mitmischen Die Förderung eröffnet viel- fältige Geschäftschancen für deutsche Technologie. Im Be- reich der Gebäudesanierung sind zum Beispiel moderne, energiesparende Bau- und Iso- liermaterialien sowie Wärme- pumpen gefragt. Auch bei der

POLEN EU-Wiederaufbaufonds: Wirtschaftschancen winken

Anfang Juni hat EU-Kommissionsprä- sidentin Ursula von

der energetischen Sanierung von Gebäuden und in nach- haltiger Mobilität. Erneuerbare Energie im Fokus In den Ausbau von Offshore- Windparks sollen voraus- sichtlich 3,2 Milliarden Euro fließen. Dafür sollen die pol- nischen Ostseehäfen Gdynia, Ustka und Łeba mit 437 Mil- lionen Euro modernisiert werden. Die Kapazität von Onshore- Windparks und Photovoltaik- anlagen soll bis Mitte 2026 von heute 18 auf 23,5 Giga- watt (GW) erhöht werden. Allerdings ist das polnische Stromnetz veraltet; hohe Aus- fallzeiten sind die Folge. Für Ausbau und Modernisierung des Stromnetzes sind deshalb 300 Millionen Euro geplant. Daraus ergeben sich gute Geschäftschancen für deut- sche Anbieter von innovativer Spannungstechnik. Mittelfristig soll auch Was- serstoff eine entscheidende Rolle spielen. Für dessen Her- stellung, Speicherung, Über- tragung und Verwendung sind

der Leyen bei einem Besuch in Warschau die grundsätzliche Freigabe der EU-Gelder für Polen aus dem europäischen Wiederaufbaufonds in Höhe von 36 Milliarden Euro angekündigt. Voraussetzung ist allerdings, dass die durch die umstrittene Justizreform in Gefahr geratene Rechts- staatlichkeit wieder herstellt wird. Die polnische Regierung und die EU-Kommission haben dafür Meilensteine für eine etappenweise Aus- zahlung der Fördermittel definiert. Die erste Tranche über 4,2 Milliarden Euro wird voraussichtlich Ende des Jah- res ausgezahlt. Einige Projekte aus dem Wiederaufbauplan sind bereits ausgeschrieben und werden vom staatlichen Entwick- lungsfonds PFR vorfinanziert. Der Schwerpunkt der Inves- titionen liegt auf der Trans- formation des Energiesektors, konkret im Ausbau der Onshore- und Offshore-Windkraft, in

Sanierungsbedürftig: Polens Stromnetz ist marode, Stromausfälle sind an der Tagesordnung. Deutsche Fir- men können ihr Know-how bei Sanierung und Moderni- sierung einbringen.

36 MILLIARDEN EURO soll Polen aus dem EU-Wiederaufbau- fonds erhalten.

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