ENTDECKUNG
Auf der SUCHE nach SCHÄTZEN IM SCHLAMM
Das Graben nach Artefakten an den Ufern der Themse in London hat eine lange Tradition. Heute ist es populärer denn je – mit weitreichenden Folgen.
Text ELIZABETH ANNE BROWN Fotos SIMON ROBERTS
es wie auch immer rund 2000 Jahre in der Themse überstanden“, staunte Peel. Der Wettbewerb um solche Relikte hat zuletzt rapide zugenommen. Peel gehört zu einer besonderen Art von Hobbyschatz- suchern, den sogenannten Mudlarks. Der Begriff, auf deutsch „Schlammlerche“, bezeichnete ursprünglich arme Londoner des 18. und 19. Jahrhunderts, die am Fluss- ufer nach angeschwemmten Gegenstän- den suchten, die sie verkaufen konnten. Heute hat sich die Bedeutung erweitert. Eine wachsende Zahl von Hobbyarchäo- logen, die weltweit Flussufer nach Arte- fakten absuchen, nennt sich Mudlarks. Die Themse bleibt dabei einer der iko- nischen Orte. Seit Tausenden von Jah- ren sind ihre Ufer besiedelt; ihr rund 150 Kilometer langes Gezeitenufer gilt als Londons ergiebigste archäologische Fundstätte. Nicht nur überdauern dort
AN EINEM SOMMERTAG stieg Lucy Peel mit- ten in London eine rutschige Treppe zum Ufer der Themse hinab. Auf Händen und Knien kroch sie über einen Schlammhau- fen, der ihr besonders interessant vorkam. Es war Ebbe, das Wasser des Flusses hatte sich weit zurückgezogen. Offensichtlichen Unrat – Plastiktüten, E-Zigaretten, Glasscherben – ignorierte die 44-Jährige. Systematisch durchkämmte sie das freiliegende Flussbett, bis sie etwas entdeckte. Unwissende hätten es leicht mit einem Blatt verwechselt. Vorsichtig lös- te Peel das Objekt aus dem Sand: eine hauchdünne Keramikscherbe. Nicht zum ersten Mal hatte sie das besondere Ge- fühl, ein Fragment uralter Geschichte in Händen zu halten. Später bestätigte ein Archäologe: Es handelte sich um das Fragment einer römi- schen Keramik. „Obwohl es so zart ist, hat
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