NATIONAL GEOGRAPHIC

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ANFANG DES JAHRES führte die PLA eine Ausnahmeregelung ein: Erneuerbare Genehmigungen für besonders verdiente Mudlarks – unter anderem mit bedeu- tenden Funden und Beiträgen zum Bil- dungs- und Kulturerbe Londons. Manche Influencer wurden berücksichtigt, denn eine große Onlinereichweite erfüllt teil- weise das Bildungskriterium. Paige und Mudd, die ihre Funde bereits Schulen und Museen zur Verfügung stell- ten, rechnen mit einer Verlängerung. Peel hingegen glaubt, dass sie nicht qualifiziert ist – sie habe ihre Funde kaum öffentlich präsentiert. Für sie ist Mudlarking mehr als ein Hobby. Es ist Therapie. Nach mehreren Strahlenbehandlungen wegen eines Hirn- tumors verschlechterte sich ihr Sehvermö- gen links. „Ich habe Mudlarking als Reha genutzt“, erklärte Peel, „um mein Gehirn und meine Augen neu zu trainieren.“ Barber von der PLA zeigt Verständnis für die Enttäuschung, betont aber die Fairness der neuen Regelung. Als Trost schlug sie vor, die Ausstellung zu besuchen. „Für manche mag das reichen. Es geht ja um die Informationen zu den Funden – nicht unbedingt um das Suchen selbst.“ Doch Lara Maiklem, langjährige Mudlark und Autorin des Buchs „Mudlarking: Lost and Found on the River Thames“, weiß, dass das kein Ersatz ist. „Ein Museums- besuch ist etwas völlig anderes – er stillt dieses Verlangen nicht“, sagt sie. Mudlar- king sei „die Freude am Suchen und der Nervenkitzel des Findens“. Maiklems Vorfahren waren Londoner Dockarbeiter und Schiffsbauer. Für sie ist Mudlarking eine Verbindung zur Ver- gangenheit. „Wenn man einen 500 Jahre alten Schuh aus dem Schlamm zieht, mit Knickfalten obendrauf und Zehenabdruck innen, ist das wie eine Zeitreise“, sagt sie. Ihre wertvollsten Funde sind Schuhsohlen aus dem 14. Jahrhundert. „Da läuft mir ein Schauer über den Rücken.“ j

Der Schlamm konserviert Gegenstände, die in vielen Jahrhunderten menschlicher Besiedlung verloren gingen. Zu Duigenans Fundstücken zählen ein mittelalterlicher Kamm, eine georgianische Schnalle und eine Tonpfeife.

verlor ihre Genehmigung Anfang des Jah- res. „Es war, als hätte man einem Vogel- beobachter das Fernglas weggenommen“, sagte sie. Jenny Ridgwell zeigt Verständnis für die Lage der PLA – „es ist eine Mam- mutaufgabe“ –, ist aber auch traurig. Sie glaubt nicht, dass sie Schaden angerichtet hätte. Tatsächlich sehen einige Fachleute erfahrene Mudlarks als Rückgrat der archäologischen Arbeit an der Themse. Rund 700 historisch bedeutsame Funde pro Jahr landen dank ihnen im Register des Portable Antiquities Scheme. Das Museum of London Docklands zeigt aktu- ell eine Ausstellung mit über 350 Objekten, darunter ein Wikingerdolch und das Frag- ment eines altrömischen Brettspiels. „Wir schätzen den Beitrag der Mudlarks sehr“, sagte Kuratorin Sumnall. „Hinter all den Funden steckt viel Zeit und Können.“

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