NATIONAL GEOGRAPHIC

Jungtieren. Nach einer mühsamen Aktion, mit der sie die auf der Insel lebenden Ziegen wei- testgehend ausrotteten, setzten sie die Jung- tiere aus. Heute leben auf Española wieder mehr als 3000 Schildkröten. Die Teams wiederholten diese Vorgehens- weise auf weiteren Inseln. Doch es gab eine

Vielleicht war es noch nicht zu spät für Lone- some George. Vielleicht konnte man Pinta-Ver- wandte auf der Insel Isabela finden und die Art retten. Begeistert schlug sie vor, dass sich eine weitere Expedition zum Vulkan aufmachen solle: „Wir mussten einfach dorthin zurück- kehren. Wir mussten dieses Tier finden. Wenn es eines gibt, könnte es noch viele mehr geben.“

bittere Enttäuschung: Für die allerletzte Schildkröte auf der Insel Pinta konnte keine Partnerin gefunden werden. Wissenschaftler nannten das Tier Lonesome George (Ein- samer George). Sie hatten es Anfang der 1970er-Jahre von seiner Heimatinsel gerettet und in ein Gehege in der Forschungsstation gebracht. Ihre Hoffnung war, das Aus- sterben einer vierten Art zu verhindern. In den folgenden Jahren suchte das Team verzwei- felt nach einer passenden Partnerin. Zunächst durch- kämmten sie Pinta – erfolg- los. Dann brachten sie Weibchen anderer Arten mit sattelförmigem Panzer, die denen der Pinta-Schild- kröten ähnelten, in Georges Gehege. Als er kein Interesse zeigte, versuchten sie es mit künstlicher Befruchtung. Die Weibchen legten schließlich

Caccone begann drei Ar- ten genauer zu untersuchen, die zu jener Zeit als ausge- storben galten: die Santa- Fé-Riesenschildkröte, die Fernandina-Riesenschild- kröte und die Floreana-Rie- senschildkröte. Da keine DNA lebender Tiere zum Abgleich mit den fremden Wolf-Vulkan-Genen zur Verfügung stand, kamen für die Sequenzierung nur Zellproben toter Exemplare infrage, die einst Walfänger oder Wissenschaftler aufs Festland gebracht hatten. „Wir gingen in Museen, um Knochen- und Hautpro- ben zu sammeln“, erzählt Caccone. Im American Museum of Natural History fanden sie Knochen, die ein New Yorker Naturfor- scher 1928 in Lavahöhlen auf Floreana ausgegraben

Forscher reisten in entlegene Winkel des Archipels und durchsuchten in Archiven Knochen und Panzer, um eines der größten Verbrechen der Galapagosinseln wiedergutzumachen.

Eier, doch alle waren unbefruchtet. Anfang der 2000er-Jahre war Lonesome George, die Ikone des Naturschutzes, fast 100 Jahre alt. Die Zeit für seine Art war kurz davor, abzulaufen. Zur gleichen Zeit gab es Fortschritte in der Gensequenzierung. 2006 untersuchte Adalgisa Caccone die Proben der „Aliens“ vom Wolf- Vulkan mit einer neuen Analysemethode und machte eine erstaunliche Entdeckung: Die Wissenschaftler hatten Blut von einer Schild- kröte entnommen, deren Gene zu 50 Prozent von der Insel Pinta zu stammen schienen.

hatte. Ein paar Schildkröten waren dort in die tiefen Schluchten gestürzt und gestor- ben. Im Museum of Comparative Zoology der Harvard University entdeckten sie Knochen und Panzer, die 1834 und 1872 gesammelt wor- den waren. „Sie waren sehr porös und sahen grau aus“, sagt Caccone. Trotzdem schaffte sie es, genug Genmaterial zu gewinnen. Und – Treffer: Die „Alien“-Schildkröten, sagt sie, „gehörten zur gleichen Abstammungsgemein- schaft wie die von Floreana“. Die Schildkröten waren Hybride aus der heimischen Art mit

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