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Basisinformationen

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Schrittweise Entrechtung Das Jahr 1933 stellt für Juden ein Schicksalsjahr dar. Die damals mehr als 500 000 deutschen Juden – weni- ger als ein Prozent der deutschen Be- völkerung – wurden einer schrittwei- sen Entrechtung preisgegeben, die scheinbar zunächst ihre Vertreibung aus Deutschland zum Ziel hatte. So wurde wenige Monate nach der „Machtergreifung“ ein Boykott gegen „jüdische Geschäfte“ organisiert, auf den ein Berufsverbot für jüdische Be- amte folgte. Ein Gesetz von 1933 be- schränkte die Zahl jüdischer Schüler/ -innen und Student(inn)en in deut- schen Lehranstalten. Zwei Jahre dar- auf konkretisierten die so genannten

Nürnberger Rassegesetze , wer „recht- lich“ als jüdisch galt. Aufgrund der hier festgelegten Kriterien konnte eine Per- son nicht-jüdischen Glaubens, die nie Mitglied einer jüdischen Gemeinde war, als jüdisch erklärt werden. Bis 1935 wurde in allen öffentlichen Bädern ein Zutrittsverbot für Juden und Jüdinnen durchgesetzt. 1938 und 1939 erhielten noch zugelassene Ärzte, Apotheker und Rechtsanwälte ein Berufsverbot.

wurde deutlich, dass sich die Vertrei- bungspolitik der Nationalsozialisten in eine Vernichtungspolitik gewandelt hat- te. Bis zum Ende des Krieges 1945 fielen dieser Politik etwa sechs Millionen Ju- den aus den von den Nazis besetzten Ländern in Ghettos, Arbeits-, Konzentra- tions- und Vernichtungslagern zum Op- fer. Mit ihnen starben unzählige Ange- hörige anderer Gruppen wie Sinti, Roma, Behinderte, Mitglieder demokra- tischer Parteien, Widerständler/-innen und Homosexuelle. Israel Der moderne Staat Israel wurde am 14. Mai 1948 durch den späteren Pre- mierminister David Ben Gurion aus- gerufen. Die Gründung dieses jüdi- schen Staates wurzelt in der Geschichte des europäischen Antise- mitismus, insbesondere des Holo- caust. In den ersten vier Jahren nach Staats- gründung verdoppelte sich die Ein- wohnerzahl durch die Immigration von Holocaust-Überlebenden und Flüchtlingen aus arabischen Ländern. In mehreren Einwanderungswellen ka- men seither Juden aus verschiedenen Ländern ins Land. Das so genannte Rückkehrgesetz ermöglicht jeder Jü- din und jedem Juden die Einwande- rung (hebr. alija ) und den Erhalt der is- raelischen Staatsbürgerschaft. Seit

wurde der Zionismus als politische Kraft begründet und das Recht des jü- dischen Volkes auf Rückkehr ins Land der Väter beschworen.

Resonanz in der jüdischen Gemeinschaft

Über längere Zeit hinweg stießen Or- ganisationen wie die Zionistische Ver- einigung für Deutschland (ZVfD) mit ihren Ideen von Pioniergeist und Auf- bau eines jüdischen Landes auf keinen großen Widerhall innerhalb der deutsch-jüdischen Gesellschaft. Diese betrachtete Palästina als Zufluchtstätte russisch-jüdischer Flüchtlinge. Mit den historischen Entwicklungen in Deutschland und Europa ab der so ge- nannten Machtergreifung der National- sozialisten 1933 erhielten zionistische Ideen vermehrt Zuspruch. Das damali- ge britische Mandatsgebiet Palästina wurde für 55 000 deutsch-jüdische Flüchtlinge, die Deutschland zwischen 1933 und 1941 auf legalem Weg ver- lassen konnten, zur neuen Heimat. Die Schoa Die Vernichtung der europäischen Ju- den durch die Nationalsozialisten und ihre Helfer wird im Hebräischen mit dem Begriff Schoa (Katastrophe, Un- tergang) wiedergegeben. Im deutsch- und englischsprachigen Raum ist der Name Holocaust (griech.: Brandopfer) üblich.

Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten

Nachdem im Oktober 1938 Juden pol- nischer Herkunft von Deutschland nach Polen abgeschoben wurden, be- ging einer ihrer Angehörigen einen Mord an einem in Paris tätigen deut- schen Diplomaten. Diese Verzweif- lungstat wurde von Seiten der national- sozialistischen Führung zum Anlass für die Reichspogromnacht genommen. Sie und ihre Helfershelfer schändeten, zerstörten und brannten sämtliche Syn- agogen nieder. Manche beziffern deren Zahl auf über 400. 5 Wohnungen wur- den geplündert und demoliert. Zahlrei- che Menschen wurden getötet oder be- gingen Selbstmord. Bis zum Ausbruch des Zweiten Welt- kriegs 1939 konnte sich etwas mehr als die Hälfte der deutschen Juden ins Aus- land retten. Spätestens mit der so ge- nannten Wannseekonferenz von 1942

„Judensterne“, Zwangskennzeichnung der Nationalsozialisten für jüdische Bürger/-innen

5 Vgl. Avraham Barkai (2000): Die Polenaktion und der Novemberpogrom. In: Barkai u.a.: Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit. Bd. 4, München, S. 215.

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