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Zionismus Die zionistische Idee

demgegenüber jedoch dominanter zu sein. Nicht wenige Jugendliche sehen das Judentum als Variante ei- ner Nationalität. Judentum bedeutet für sie, Teil der weltweiten jüdischen Volksgemeinschaft zu sein. Viele Jugendliche trennen Glaube und Glaubenspraxis: Zwar glauben sie an die Existenz Gottes, doch ihre Überzeugung schlägt sich nur selten in einer durchgängigen religiösen Praxis nieder. Die Mehrheit jüdi- scher Jugendlicher lebt areligiös, be- trachtet sich selbst aber dennoch als Jüdin oder Jude. Manche jüdischen Jugendlichen be- fürworten theoretisch die Forderun- gen einer bestimmten jüdischen Be- wegung – etwa des orthodoxen Judentums –, obschon dies kaum praktische Resonanz in ihrem All- tagsleben findet. Die Mehrheit derje - nigen Jugendlichen, die zu einer re- ligiösen Praxis neigen, schafft sich eigene Mischformen aus den einzel- nen Positionen der Bewegungen. Nicht selten entstehen so „neue Ver- sionen“ jüdischer Speisegesetze („unkoscheres Fleisch: ja, Schweine- fleisch: nein“) oder auch der Schab - batgebote („Am Freitagabend ma- chen wir ein Schabbatessen, danach gehe ich in die Disco.“).

Seit Beginn der Diaspora stand die Hoffnung auf Rückkehr nach Zion , dem Land der Vorväter, im Mittel- punkt jüdischen Denkens. Im Laufe der Geschichte traten hier und da vereinzelt jüdische Persönlichkeiten auf, die sich aktiv für eine Besiedlung des Heiligen Landes engagierten. Ende des 19. Jahrhunderts mündeten diese Bestrebungen schließlich in der Bewegung des Zionismus. Dieser Be- griff bezeichnet eine nationale, jüdi- sche Bewegung, die den Gedanken der Besiedlung des Landes Israel (da- maliges Palästina) in die Tat umsetzt. Die Bewegung entstand einerseits als Reaktion auf die Unterdrückung von Juden in Osteuropa, andererseits auf- grund der Ernüchterung über das langsame Voranschreiten bei der Um- setzung jüdischer Gleichberechti- gung im Westen. Bei Theodor Herzl, dem späteren Kopf der Bewegung, kam die zionisti- sche Idee erst durch antisemitische Erfahrungen auf. In seiner Schrift „Der Judenstaat“ äußert er, die „Judenfra- ge“ sei ein „verschlepptes Stück Mittelalter“. 4 Da diese Frage eine po- litische sei, könne ihr nur auf politi- schem Wege – durch Errichtung eines unabhängigen jüdischen Staates – be- gegnet werden. Auf dem ersten zio- nistischen Kongress in Basel 1897

Rennende Jungen vor der Klagemauer

Bedeutung der Religion für jüdische Jugendliche

Möglichkeit der aktiven Beteiligung einiges zu ändern begann, wurde Frau- en das höchste Amt im Judentum, das der Rabbinerin, verwehrt. 1972 wurde mit Sally Priesand erstmalig in der Geschichte des Judentums eine Frau durch ein reformjüdisches Rabbi- nerseminar als Rabbinerin ordiniert. 3 Fe- ministische Gruppen traten mit anderen dafür ein, dass sich fortan auch andere Seminare für Frauen öffneten. 1974 wurde am rekonstruktionistischen und 1985 am konservativen Rabbinersemi- nar eine Frau in ihr Amt eingeführt. In- nerhalb weiter Teile der Orthodoxie kommt der Thematik keinerlei Brisanz zu, da die Fragestellung nicht existiert.

Die ethnische und historische Di- mension des Judentums stellt im Be- wusstsein der Mehrzahl jüdischer Ju- gendlicher eine feste Größe dar. Besondere Bedeutung kommt dabei der eigenen Familienchronik zu, die als Teil der umfassenderen jüdischen Geschichte assoziiert wird. Bei Jugendlichen aus nicht-religiö- sen Elternhäusern wird das eigene Judentum selten religiös gedacht. In ihren Augen ist mit Jüdisch-Sein zwar auch ein religiöses Moment verbunden, die ethnische Herkunft als Identität stiftender Aspekt scheint

3 Siehe Sally Priesand (1975): Judaism and the New Woman. New York. Im Jahr 1935 erhielt bereits Regina Jonas aus Berlin eine private Ordination als Rabbinerin.

4 Siehe Theodor Herzl (1988): Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage. Zürich, S. 13 (auf Grundlage des Erstdrucks von Wien 1896).

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