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Basisinformationen

C hJ ur ids te ne nt tuumm

verfügt über eigene Kleidungstraditio- nen, manche tragen Schläfenlocken. Gruppen mit orthodoxer Prägung beste- hen auf strikter Geschlechtertrennung. In der Synagoge übernehmen Frauen keine aktiven Ämter wie Rabbinerin oder Kantorin. Nicht-orthodoxes Judentum Das nicht-orthodoxe Judentum lässt sich in mehrere Bewegungen eintei- len. Die bedeutendsten sind das libe- rale Judentum (Reformjudentum/pro- gressives Judentum) , das konservative Judentum (Masorti-Bewegung) und der Rekonstruktionismus : Das liberale Judentum sieht die Tora als ein von Gott inspiriertes Werk. Das Judentum wird als Religion mit der Pflicht zur Weiterentwicklung betrach - tet. Ethische Gesetze der Tora werden hier bejaht, rituelle Gesetze wie die Speise- und Schabbatgesetze hinge- gen als nicht verbindlich erachtet. Tei- le des liberalen Judentums akzeptie- ren eine Person als jüdisch, sofern ihr Vater Jude und sie in der jüdischen Re- ligion aufgewachsen ist. Das liberale Judentum akzeptiert Frauen wie Män- ner in Synagogenämtern. Das konservative Judentum versteht die Tora als von Gott offenbartes Wort. Es tritt für gemäßigte Reformen unter Berücksichtigung der Halacha, d. h. des jüdischen Gesetzes, ein und ist bemüht, Tradition und Moderne be-

thodoxen Strömungen (38% Reform; 33 % Konservativ; 2 % Rekonstruktio- nismus) und 22 % auf die Orthodoxie. Laut dem Central Bureau of Statistics des Staates Israel erklärten sich im Jahr 2007 43 % aller jüdischen Israelis als säkular , 35 % als „nicht religiös, aber traditionell“ (nicht nach der Halacha lebend), 9 % als traditionell-religiös und 12% als Charedim. In Deutschland ist etwa die Hälfte der 200.000 Juden Mitglied einer jüdischen Gemeinde. Neben den von mehrheit- lich orthodoxen Rabbinern geführten Einheitsgemeinden gibt es liberale Ge- meinden mit etwa 4.000 Mitgliedern. 2 Jüdischer Feminismus Die Anfänge des jüdischen Feminismus lassen sich in den USA bis in die 1970er Jahre zurückverfolgen. Frauengruppen schärften die Wahrnehmung der jüdi- schen Öffentlichkeit bezüglich der Stel- lung der Frau in Familie, jüdischer Ge- sellschaft und Synagoge. Ihr Anliegen war, den Lebensalltag und die Wert- schätzung von Frauen seitens der Hala- cha zu verbessern sowie ihnen den Weg zur Übernahme jüdischer Gemeinde- ämter zu ebnen. Von manchen Rabbi- natsgerichten unterschiedlicher religiö- ser Prägung blieb (und bleibt) Frauen das Zeugenrecht verwehrt. Auch wenn sich in manchen Synagogen bei der

hutsam miteinander in Einklang zu bringen. In manchen Fragen der Religion erscheint die konservative Bewegung als Mittelweg zwischen liberalem und orthodoxem Judentum. Die meisten konservativen Gemein- den akzeptieren in allen religiösen Ämtern Frauen wie Männer. Der Rekonstruktionismus ist als jüngs- te der drei nicht-orthodoxen Bewe- gungen bislang nur in den USA ver- breitet. Das Judentum ist aus dieser Sicht eine sich fortwährend weiterent- wickelnde Kultur. Es betrachtet die Tora nicht als gottgegeben, sondern als Erzeugnis der gesellschaftlichen und zeitgeschichtlichen Entwicklung des jüdischen Volkes. Die Halacha wird nicht als bindend betrachtet. Per- sonen werden als jüdisch erachtet, so- fern sie einen jüdischen Elternteil ha- ben und jüdisch erzogen wurden. In allen Gemeindeämtern werden Frau- en wie Männer akzeptiert. Einige Zahlen Verlässliche Zahlen über die Zugehö- rigkeit zu den einzelnen Glaubens- richtungen zu benennen, ist schwie- rig. Laut einer im Jahr 2006 veröffentlichten Studie sind in den USA 46% der jüdischen Bevölkerung in jüdischen Gemeinden organisiert. 1 Davon entfallen 73 % auf die nicht-or-

Junge mit Schläfenlocken und Kippa

modern-orthodoxe Judentum sowie charedische (hebr.: fromme) Gruppie- rungen: Die modern-orthodoxe Bewegung folgt einerseits strikt dem jüdischen Gesetz, zeigt sich andererseits aber aufge- schlossen gegenüber der nichtjüdi- schen Gesellschaft, weltlicher Bildung und Fragestellungen der Moderne. Charedische Bewegungen vertreten sehr konservative jüdische Lebensformen, in deren Mittelpunkt die Einhaltung des jü- dischen Gesetzes und das Studium von Talmud und Tora stehen. Um sich darauf konzentrieren zu können, bevorzugen die Angehörigen dieser Bewegungen meist eine gleichgesinnte Nachbar- schaft. Weltlicher Bildung stehen sie oft- mals distanziert bis ablehnend gegen- über. Jede charedische Gruppierung

1 American Jewish Committee (Hrsg.) (2006): American Jewish Yearbook Population Survey, New York. 2 Vgl. H. Sobotka: Respekt erarbeiten. Union progressiver Juden in Deutschland wird zehn Jahre alt. In: Jüdische Allgemeine (Nr. 28) vom 12.7.07, S. 19.

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