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Informationen zur Glaubenspraxis

Bedeutung und Verbindlichkeit

rücksichtigt, aber auch davon unabhän- gige akzeptiert, so z.B. das eigene Ge- wissen und die menschliche Vernunft. Dennoch kann für den Einzelnen je- doch die Einhaltung dieses Gesetzes – mitunter auch in abgeänderter Form – bedeutsam sein. Dies berücksichtigt das liberale Judentum und weist damit einen anderen Zugang zur Halacha.

am Berg Sinai sämtliche jüdische Ge- setze übermittelt hat. Nach dieser Auf- fassung übergab Mosche diese Geset- ze dem jüdischen Volk teils schriftlich in Form der Tora und teils mündlich als Talmud . Bedeutsam ist dabei, dass Tora und Halacha als göttlich betrach- tet werden. Aus dieser Göttlichkeit ergibt sich ihre Unabänderlichkeit: Der Mensch verfügt über keinerlei Möglichkeiten und hat kein Recht, in den göttlichen Willen einzugreifen. Bei der Umsetzung der Halacha zei- gen sich deutliche Unterschiede zwi- schen orthodoxen und konservativen Juden. Dies soll an zwei Beispielen verdeutlicht werden: Die mündliche Lehre kategorisiert 39 Tätigkeiten, de- ren Ausübung am Schabbat verboten ist. Dazu zählen das Fahrverbot und das Benutzen von Elektrizität. Nach konservativer Auslegung darf jedoch ein Jude samstags ein Auto für den Weg zur Synagoge nutzen, falls er ihn zu Fuß nicht bewältigen kann. In die- sem Fall wertet die konservative Be- wegung den Synagogenbesuch und das gemeinschaftliche Gebet höher als das Fahrverbot. Des Weiteren ist die Inbetriebnahme elektrischer Geräte wie Licht, TV, Tele- fon usw. am Schabbat verboten, da es als Anzünden von Feuer gilt. Viele konservative Jüdinnen und Juden fol- gen der Auslegung, die die Nutzung

denen Orten und zu verschiedenen Zeiten jeweils ein unterschiedliches Fatwa erlassen. Die Lebensweise des Propheten Muhammad – die Sunna Eine weitere Schrift von großer Bedeu- tung und rechtlicher Relevanz ist die Sunna (arab.: Gewohnheit) des Pro- pheten Muhammad. Diese enthält Aussprüche, Taten und Billigungen des Propheten, die in den Ahadith (arab.: Ausspruch, Singular: Hadith ) nieder- gelegt sind. Je nach Rechtsschule werden nur Ahadith eines bestimmten Überliefe- rers oder Sammlers akzeptiert. Daher ist die Verbindlichkeit dieser Texte in den einzelnen Gruppierungen sehr unterschiedlich, vor allem bei Sunni- ten und Schiiten.

von Elektrizität am Samstag gestattet, da die Maßstäbe der heutigen Techno- logie nicht dem damaligen Verständ- nis und dem Umgang mit Feuer ent- sprechen. Daraus wird ersichtlich, in welchem Maß das konservative Juden- tum Veränderungen im gesellschaft­ lichen, technologischen und ökono- mischen Bereich berücksichtigt. Der Konservativismus versteht sich als halachische Bewegung , die eher als die auf Beibehaltung des „Altherge- brachten“ bedachte Orthodoxie dazu bereit ist, ihre Praktiken äußeren Um- ständen anzugleichen.

Tora, Talmud und Halacha im liberalen Judentum

Aus liberaler Perspektive wird die Hei- lige Schrift als Dokument verstanden, das in einem Jahrhunderte währenden Prozess von Menschenhand erschaffen wurde: Sie repräsentiert die Vorstellung des Menschen von Gott, nicht aber buchstäblich das Wort Gottes. Dement- sprechend gilt das auf der Tora basieren- de jüdische Gesetz nicht als unbeding- ter „Wille Gottes“ und damit auch nicht als verbindlich. Im Denken liberaler Vertreterinnen und Vertreter werden zwar orthodoxe Auslegungen mit be-

Judentum Die Bedeutung und Ver-

bindlichkeit der Heiligen Schriften und der aus ihr abgeleiteten Gesetze ( Halacha ) werden von den jüdischen Glaubensrichtungen unterschiedlich gewertet. Tora, Talmud und Halacha im ortho- doxen und konservativen Judentum Orthodoxe und die Mehrzahl der kon- servativen Jüdinnen und Juden teilen die Überzeugung, dass Gott Mosche

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