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VIELSEITIGES ESSEN für die GESUNDHEIT ProTIM 2-2-2 Kissidougou Guinea

für unsere Gesundheit besser wäre. Wir sind froh, dass wir über eine längere Zeit hier sein dürfen und nun besser be- greifen, weshalb gewisse Ernährungs- gewohnheiten so sind, wie sie sind. Als ich Kind war, assen wir auch noch drei- mal täglich Kartoffeln. Jetzt esse ich «nur» noch zweimal pro Woche Kar- toffeln. Wir sind überzeugt davon, dass viele Guineerinnen und Guineer weni- ger gesundheitliche Probleme hätten, wenn ihr Speiseplan ein wenig vielsei- tiger wäre. Aber in einem armen Land die Essgewohnheiten zu verändern und zu verbessern, geht vielfach nur übers Portemonnaie: So ist es uns ein Anlie- gen, bezahlbare Anbauverfahren aufzu- zeigen, die es den Menschen im besten Fall ermöglichen, mit demselben finan- ziellen Aufwand wie beim Reisanbau ei- nen Mehrwert zu haben. Wir vertrauen darauf, dass unser Va- ter im Himmel an unserer Seite steht und im rechten Moment die passen- den Ideen schenken kann. Ein ange- nehmer Nebeneffekt des Maisanbaus ist aber auch, dass sich die Hühner fa- belhaft entwickeln, wenn es genügend Mais im Land gibt.

In einem Land, in dem die Men- schen am liebsten 365 Tage im Jahr drei Mal täglich Reis essen, ist es schwer, Neues auf den Tel- ler zu zaubern. Wir versuchen es dennoch. Unsere Strategie besteht darin, mit einer einfachen Mecha- nisierung den Anbau von anderen Kulturen zu fördern. Immer wieder staune ich über die gu- ten «Zufälle», die Gott ermöglicht. Vor einigen Jahren konnten wir, nicht weit von unserem Atelier entfernt, eine alte Sämaschine kaufen. Es entstand die Idee, damit Mais zu säen. Von einem Freund aus der Schweiz bekamen wir zudem ein Hackgerät zur Unkrautbe- kämpfung. Das erste Resultat schien vielversprechend, doch niemand hat- te wirklich Interesse an grossflächigem Maisanbau. Als ich schon glaubte, dass dieses Projekt nicht weitergehen wür- de, kam plötzlich ein Verantwortlicher vom Landwirtschaftsamt auf uns zu und wollte einige Hektaren Mais säen. Zugleich interessierten sich noch wei- tere Kunden – und sogar eine land- wirtschaftliche Forschungsanstalt, die in zwei anderen Präfekturen arbeitet, fragte uns an, ob wir für sie Mais säen könnten. Erfreulicherweise sind jetzt noch andere Maissämaschinen nach Kissidougou gekommen, auch wenn sie zu Beginn niemand bedienen konn- te. Weil wir – wieder solch ein «Zufall» – in unserer Ausbildung ohnehin gera- de die Technik der Sämaschine als Lehr- stoff behandelten, konnte die Theorie direkt in die Praxis übergehen und wir konnten die verschiedenen Sämaschi- nen in Betrieb nehmen. Unsere grauen Hirnzellen wurden für einen Moment strapaziert, weil es zwischen europäi-

schem, amerikanischem und fernöst- lichem Technikverständnis doch teils erhebliche Unterschiede gibt. Die Re- sultate sind aber ermutigend. Wir sind nicht primär nach Kissidou- gou gekommen, um Essgewohnheiten zu verändern, aber wenn wir das Ange- nehme mit dem Nützlichen verbinden können und es dazu noch ein gutes Er- gebnis gibt, macht das gleich doppelt Freude. Den Leuten nur in der Theo- rie aufzuzeigen, was gesunde Ernäh- rung ist, bringt wenig. Auch bei uns selbst ist es doch so, dass wir unsere Essgewohnheiten nur schwer verän- dern, auch wenn wir wissen, dass es

Emanuel W. bildet in den Bereichen Landwirtschaft und Me- chanik aus.

Alles hängt mit Bildung und Chancengerechtigkeit zusammen Guinea ist eines der ärmsten Länder der Welt. Einer der Hauptgründe dafür ist mangelnde Bildung. Zahlreiche Jugendliche und Erwachsene können trotz Schulbildung nicht lesen und schreiben und besonders Mädchen werden oft gar nicht einge- schult oder früh aus der Schule genommen. Frauen haben generell einen schweren Stand in Guinea: Sie werden in vielen Be- reichen unterdrückt. 97% der Mädchen oder jungen Frauen werden genitalverstümmelt und viele leiden danach das ganze Leben an den Folgen. Weitere Probleme sind die schlechte medizinische Versorgung, häufige Verbrennun- gen durch das Kochen über offenem Feuer und Mangelernährung. Für Jugendliche und junge Erwachsene gibt es kaum Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten, wodurch sie praktisch keine Perspektive für die Zukunft haben. Pa- 12

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