IHK-Magazin Ausgabe 04/2022

TITELTHEMA | LOGISTIK

M it dem Einmarsch der Eine der bitter gelernten Erkenntnisse: Es war ein Fehler, in strategisch wichtigen Segmen- ten wie der Energiewirtschaft auf nur wenige Handelspartner zu setzen. Das sehen viele Vertreter der Logistikbranche ebenso. Wie kaum eine andere Branche ist die Logistik – vom klassischen Spediteur über den Binnen- schiffer und den Busunternehmer bis hin zum Taxifahrer – von den manchmal willkürlichen Schwankungen der Spritpreise abhängig. Auch wenn noch kein Liter Öl, kein Kilogramm Kohle oder kein Kubikmeter Erdgas weniger nach Deutschland gelangt sind, so kannten die Ener- giepreise in unmittelbarer Folge des Ukraine- Kriegs nur eine Richtung: nach oben. Dass die Spritpreise zu Redaktionsschluss russischen Truppen in die Ukraine am 24. Februar 2022 gerieten auch in Deutschland viele politische Grundüberzeugungen in Bewegung. wieder auf dem Sinkflug sind – vermutlich nur vorübergehend – verstärkt die Erkenntnis, dass die Energiepreise nur sehr eingeschränkt etwas mit dem echten Warenangebot zu tun haben. Sie sind meist das Ergebnis von Börsenspekulatio- nen. In jedem Fall sind sie ein sicherer Indikator für Stimmungen in der Wirtschaft. Dass strategisch unschätzbar wichtige Erdgas- speicher vor wenigen Jahren verkauft wurden, gehört dabei zur Fahrlässigkeit von Politik und Unternehmen. Der außerdem sehr niedrige Füll- stand dieser Gasspeicher lässt die Nervosität an den Energiebörsen steigen – und damit auch die Energiepreise. Doch, wenn es überhaupt positive Aspekte in Ta- gen des Krieges und der Energiekrise gibt, dann die, dass es auf der einen Seite möglicherweise einen Technologie-Schub gibt, der uns den Weg aus der Abhängigkeit von russischer Energie erleichtert und gleichzeitig der Energiewende näherbringt. Auf der anderen Seite sind Unternehmen ge- zwungen, vieles auf den ökonomischen und ökologischen Prüfstand zu stellen. Wer flexibel agiert und solide wirtschaftet, muss die Zukunft auch mit ihren höheren Preisen nicht unbedingt fürchten, zeigt eine Umfrage unter Logistikern der Region. Die Stimmung dabei reicht von Frus- tration bis hin zu Optimismus, wie die Berichte auf den folgenden Seiten zeigen.

6,0 WIE ENTSTEHT DER SPRITPREIS Der Tankstellenpreis von Diesel und Superbenzin be- steht zu mehr als der Hälfte aus Steuern. Der eigentliche Kraftstoff macht demnach nur knapp 33 bis 37 Prozent des Preises aus. Hinzu kommt die CO 2 -Bepreisung, die im Februar mit etwa vier bis fünf Prozent im Verbraucher- preis mit inbegriffen ist, wobei ein Zertifikat über eine Tonne seit 2022 etwa 30 Euro kostet. Die Mehrwertsteuer beträgt zwar

ENERGIEMÄRKTE Am Limit

Mit dem Ukraine-Krieg erschüttert der russische Staatschef Wladimir Putin die Grundfeste des Zusammenlebens in Europa. Zum unermessli- chen menschlichen Leid kommen riesige Schä- den an Umwelt und Wirtschaft. Die Spritpreise sind einmal mehr Seismograph der Entwicklung. Jeder, der täglich hinter dem Lenker sitzt, spürt das. Wie reagieren die Unternehmen?

19 Prozent auf Mineralölgüter, wirkt sich aber, da sie auf den Nettopreis aufgeschlagen wird, mit etwa 16 Prozent auf den Verbraucherpreis aus. Der Deckungsbeitrag beinhaltet Transport, Lagerhaltung, gesetzliche Bevorratung, Verwaltung, Vertrieb sowie seit 2007 Kosten für Biokompo -

14,1

34,6

%

DIESEL

15 PROZENT des 2019 in

16,0

29,4

nenten und die Beimischung und seit 2021 die Kosten für den CO 2 -Aufschlag gemäß Brennstoffemissionshan - delsgesetz (BEHG). QUELLEN: STATISTISCHES BUNDESAMT

Deutschland verbrauchten Diesels stammte aus Russland. QUELLE: IW KÖLN

4,0

10,2

33,2

%

SUPER

16,0

36,6

Das lesen Sie im Titelthema

HOHE PREISE, HOHE AUSSCHLÄGE Ölpreis der Sorte Brent in US-Dollar je Barrel (159 l)

Produktpreis Mineralölsteuer Mehrwertsteuer Deckungsbeitrag CO 2 -Preis

+ 100%

12 Mobilität Weg vom Öl

125

+ 75%

+ 62,5%

13 Graeff Spedition Dieselpreis-Floater zur Kostendämpfung 14 Grimm-Reisen Busreisen mit Perspektiven

100

+ 50%

+ 25%

75

± 0%

RUSSLAND-UKRAINE-KRIEG: DAS ERWARTEN DEUTSCHE FIRMEN So viel Prozent der befragten Firmen erwarten eher große oder sehr große Belastungen durch ...

15 Taxi Herrmann Wenige Spielräume bei den Taxen

QUELLE: FINANZEN.NET

62

15 Pflegedienst Friedrich Verbrenner ohne Zukunft 16 Gebrüder Mnich Solidarität in Krisenzeiten

... erhöhte Energiepreise

32

... fehlende Gaslieferungen

31

... ausfallende Lieferanten

7

... wegfallende Absatzmärkte

QUELLE: IW KÖLN

10

11

IHK Magazin Rhein-Neckar 04 | 2022

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ihk.de/rhein-neckar

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