TITELTHEMA | LOGISTIK
als Geschäftsführerin das Unternehmen Grimm- Reisen GmbH in dritter Generation gemeinsam mit ihrem Vater Roland Grimm. „Wir erholen uns gerade von zwei Jahren Pandemie und müssen nun den Treibstoff- Schock verkraften“, sagt die Geschäftsführerin. Das sei ganz schön heftig. „Aber wir sind dennoch optimistisch.“ Die Lust auf Reisen sei trotz des völligen Stillstandes während der Pandemie un- gebrochen, und die Gäste schätzten den Service, bei allen Formen der angebo- tenen Reisen wirklich an der Haustür abgeholt zu werden. Bei allen Arten des Rei- sens, ob bei der Taxiabho- lung, bei dem Tagesausflug mit dem Bus oder gar der mehrwöchigen Auslands- reise spielen die Treibstoff- kosten eine große Rolle. „Von fünf Prozent Anteil am Reisepreis sind diese in- zwischen auf zehn Prozent
Haar lässt. Vor Jahren sei der LNG-Antrieb mit Flüs- siggas propagiert worden. Heute stünden Unterneh- men, die auf LNG gesetzt und vertraut haben, wegen massiv gestiegener LNG- Preise vor dem Ruin. Die Preissteigerung selbst sei keine Folge eines Liefer- mangels, sondern der ge- stiegenen Nachfrage. „Ich kenne Unternehmen, die 70 ihrer 140 Lkw mit LNG betreiben. Sie zahlen nun jeden Monat 200.000 Euro mehr. Das geht nicht mehr lange gut“, so Graeff. Eine Lanze bricht der Vor- stand des Verkehrsgewerbes Baden e.V. auch für das Busgewerbe. Hier kämpf- ten vor allem Klein- und Mittelständische Unter- nehmen ums Überleben, die im Auftrag von Kommunen und Kreisen den Öffentli- chen Personennahverkehr (ÖPNV) bedienen. Bei den Landratsämtern stießen
abschluss mit dem Reisegast die Preise anpassen könne. „Davon haben wir sehr moderat erstmals in diesem Jahr Gebrauch gemacht und verlangen pro Reisegast und Reise- tag einen Zuschlag von vier Euro“, so Lena Grimm-Esposto. Dank ausführlicher Begründung sei man bei den Gästen auf großes Verständnis gestoßen. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass der Drang zum Reisen nach wie vor groß sei, auch wenn man vielleicht aus finanziellen Gründen nicht mehr ganz so oft reise wie in der Vergangenheit. Aber bei den Gästen setze sich die Erkenntnis durch, dass Busrei- sen wesentlich umwelt- und klimagerechter seien als die Individualreise mit dem Pkw. „Nachhaltigkeit wird auch bei uns und unseren Reisegästen immer wichtiger“, kon- statiert die Geschäftsführerin von Grimm-Reisen. Wenige Spielräume bei den Taxen Bei einer anderen Form des Reisens geht es nicht um Urlaub und Erholung, sondern um die dringende Beförderung von Schülern, Geschäfts- leuten oder Patienten. Die Firma Taxi Herrmann führt im Großraum Mosbach solche Fahrten durch. Firmen- inhaber Markus Herrmann kämpft in diesen Tagen mit ähnlichen Problemen wie die gesamte Logistik-Branche; allerdings hat er keine Möglichkeit, steigende Kosten durch Inflation oder bei den Spritpreisen weiterzugeben oder Honorare nachzufordern: „Spritkosten sind bei uns nach den Personalkosten die größten Ausgaben; dennoch schreibt uns das Landratsamt jeden Beförderungstarif genau vor. In einem Konzessionsgebiet gelten damit für jeden die gleichen Preise“, berichtet Herrmann. So etwas wie Preisgleitklauseln gebe es in der Branche nicht, und wenn man entsprechende Anträge bei den Behörden stelle, dann dauere die Bearbeitung manchmal Jahre. Wenn die Preise schließlich geändert werden dürften, dann müssten aufwändige Softwareumstellungen bei allen Fahrzeugen erfolgen und jede Uhr müsste dann erneut amtlich geeicht werden. „Wir müssen versuchen, durch kluge Planung und gutes Teamwork Preisschwankungen intern abzufedern“, so Herrmann. Auf staatliche Unterstützung mag er sich weder verlassen, noch sei diese überhaupt zu erwarten.
Verbrenner ohne Zukunft In einer struk- turell ähnlichen
Situation ist der Pflege- und Gesundheitsservice Corne- lia Friedrich GmbH in Mos- bach. Benjamin Schwarz ist dort als Assistent der Ge- schäftsleitung für die Fahr- zeuge zuständig. Auch sein Pflegedienst leidet unter den Spritpreisen. Vertrag- liche Bindungen mit den Kassen lassen gegenwärtig keine Preisanpassungen zu. „Höhere Pflegesätze kann man eventuell später über die Verbände aushandeln, aber bis dahin müssen wir alle Preissteigerungen selbst puffern“, berichtet Schwarz. Die Familie Friedrich habe in der Vergangenheit gut ge- wirtschaftet und vor allem: Sie habe kräftig in E-Mobili- tät investiert. So lassen sich die monatlichen Sprit-Mehr- kosten von knapp 2.500 Euro besser verkraften. Von den 45 Fahrzeugen sind bereits 23 voll-elektrisch und drei sind Plug-in-Hybridfahr-
Spedition Graeff
Taxi Herrmann Das Familienunterneh - men sitzt in Mosbach und verfügt über 15 Taxen, einen Taxibus, neun Rollstuhl-/Tragestuhlfahr - zeuge, vier Mietfahrzeuge sowie einen Reisebus. Neben dem klassischen Taxigeschäft hat sich Firmenchef Markus Herr - mann auf Flughafentrans - fers, Roll-, Trage- und Liegestuhlfahrten sowie auf Krankentransporte spezialisiert. Daneben führt er auch Kurier- und Sonderfahrten durch.
Grimm-Reisen Die Grimm-Reisen GmbH mit Sitz in Mudau wurde vor 50 Jahren gegründet und wird heute von Roland Grimm und seiner Tochter Lena Grimm-Esposto in dritter Generation geleitet. 15 Mitarbeiter organisieren und betreuen Busreisen sowie Gruppen-Flugreisen, Kurreisen und Kreuzfahrten. Pro Jahr fahren etwa 16.000 Gäste mit Grimm in Urlaub. Dabei sind zehn Reisebusse für das Unternehmen im Einsatz.
Jochen Graeff ist in der vierten Generation Ge - schäftsführer der Graeff Spedition GmbH & Co. KG. Die Spedition mit ihren rund 60 Mitarbei - tern gilt als älteste Mann - heims. 14 eigene Lkws sowie 60 Fahrzeuge von festen Subunternehmen bedienen die Segmente Spedition, Transport und Logistik.
ihre Nachforderungen aufgrund der Dieselpreise auf taube Ohren. So etwas wie Preisgleitklauseln oder Diesel-Floater seien unüblich. „Wenn man sich diesen Logistikbereich wegdenkt, bricht die gesamte ÖPNV-Logistik zusammen“, fürchtet Jochen Graeff. Busreisen mit Perspektiven Optimistischer blickt Lena Grimm-Esposto in die Zukunft der Busbranche. Sie leitet seit 2019
gestiegen“, berichtet Grimm-Esposto. Aber die wirtschaft- liche Basis sei mitnichten gefährdet. Das Unternehmen habe vor Corona sehr gut gewirtschaftet und auch jetzt verkrafte man die Spritpreiserhöhung sowie die allgemeine Inflation. Das gelingt vor allem auch dadurch, dass in den Reise- AGB festgelegt sei, dass man auch nach Vertrags-
zeuge. Diese werden bereits über eigene Ladepunkte im Unternehmen geladen. Nur wenn es in die weitere Umge- bung geht, fahren die Pflegekräfte vorzugsweise wegen der größeren Reichweite mit ihren Benzinern. Ende dieses Jahres soll eine eigene Trafostation auch mit öffentlichen Schnellladepunkten in Betrieb gehen,
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Die Auswirkungen von Corona und Dieselpreis im Deutschen Busgewerbe
Was ist ein Dieselfloater? Ein sogenannter Dieselfloater hat die Aufgabe, den schwankenden Diesel - preisen entgegenzuwirken. Es handelt sich um einen variablen Kraftstoff - zuschlag, der sich automatisch an die Kraftstoffpreisentwicklung anpasst. Vereinbart wird er individuell zwischen dem Kunden und dem Trans - portdienstleister. Üblicherweise wird der gültige Dieselzuschlag auf der Speditionsrechnung als separater Posten ausgewiesen. Unternehmen, die keinen Dieselfloater vereinbart haben, müssen Diesel-Preissteigerungen selbst abfedern oder frühzeitig einkalkulieren.
Die Bedingungen für die mittelständisch strukturierte Omnibusbranche haben sich durch Dieselpreisexplosion und rückläufige Buchungszahlen nach Beginn des Russ - land-Ukraine-Kriegs extrem verschärft. Das berichtet der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo). Die dramatische Entwicklung beim Diesel wird insbesonde - re von den ÖPNV-Busunternehmen als wirtschaftlich be - drohlicher bewertet als die Auswirkungen der zweijährigen
Corona-Pandemie. Im ÖPNV sind über die Hälfte der Un - ternehmen durch den Dieselpreis in ihrer Existenz gefähr - det. Im Gelegenheitsverkehr und bei den Mischbetrieben fahren zudem bereits mehr als die Hälfte der Unternehmen ohne Gewinn-Marge, also unrentabel. Knapp 30 Prozent der Busmittelständler in diesen Bereichen bewertet die hohen Dieselpreise als existenziell bedrohlich. QUELLE: BUNDESVERBAND DEUTSCHER OMNIBUSUNTERNEHMEN
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IHK Magazin Rhein-Neckar 04 | 2022
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ihk.de/rhein-neckar
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