AUSBILDUNG
Für Unternehmen wird es immer schwieriger, ihre freien Ausbildungs- plätze zu besetzen. Das Problem ist nicht neu, doch die Coronakrise hat die Situation verschärft. Wie Firmen in der Region den Fachkräftebedarf der Zukunft sichern, zeigen die Beispiele Kyocera und Freudenberg.
„Die Technologien, mit denen wir arbeiten, sind neu, die Anforderungen hoch“, so Kayser. Kyocera bildet im Verbund aus, das heißt, die Auszubildenden sind die ersten 15 Monate im Ausbildungszentrum von ABB in Heidelberg. „Das hat für uns den großen Vorteil, dass an den modernsten Maschinen unter professio- neller Betreuung gelernt wird“, betont Kayser. Danach kehren die jungen Leute ins Werk von Kyocera zurück und absolvieren die restliche Zeit ihrer Ausbildung dort. Die allermeisten bleiben nach erfolgreichem Abschluss im Betrieb – und machen Karriere. „Wir haben wenige Ingenieure, die direkt von der Universität kommen, viele sind Meister oder Techniker, die bei uns ausge- bildet wurden und sich später weitergebildet haben“, sagt Stähle. Welche Chancen eine Ausbildung bietet, das sei vielen nicht klar, und die Coronakrise habe die Situation noch verschärft. Wegen der monatelangen Schul- schließungen und später Kontaktbeschrän- kungen konnten die Unternehmen nicht vor Ort in die Schulen gehen, um sich dort zu präsentieren. Die Botschaft „Bewirb Dich bei uns“ hat so die Zielgruppe nicht erreicht. „Wir suchen händeringend Auszubildende, das ist unglaublich schwierig.“ Für Stähle sind Berufsorientierungstage, Ausbildungs- messen und Praktika essenziell, damit sich Betriebe und potenzielle Bewerber kennen lernen, damit junge Menschen überhaupt eine Vorstellung davon bekommen, was sie einmal werden wollen und können. „Es gibt unzählige Berufe, die Schülerinnen und Schüler wissen oft gar nicht, worüber sie reden“, sagt Stähle, der sich noch mehr und engere Kooperationen zwischen Firmen und Schulen wünschen würde, um frühzeitig den Fokus auf die Berufswahl legen zu können. Denn sonst wechselten die einen auf wei- terführende Schulen, anstatt eine Lehre zu beginnen, andere gehen an die Universität und so manch einer geht auch ganz verloren. „Das können wir uns nicht leisten“, betont Kayser. Schon jetzt sei absehbar, dass das Kontingent an künftigen Fachkräften, das Kyocera ausbildet, kaum reichen werde, um dem demografischen Wandel abzufangen, der in ein paar Jahren überall zu vielen Lücken führen werde. Von Mannheim nach Weinheim: Vor vier Jah- ren hat Freudenberg hier rund 8,5 Millionen Euro in ein neues Gebäude für Aus- und Wei- terbildung investiert. Das Bildungszentrum
I n einem Besprechungsraum hängt in ei- nem einfachen Rahmen ein Plakat, darauf steht: „Möglichkeiten schaffen, damit sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ma- teriell und intellektuell weiterentwickeln können und durch gemeinsame Anstren- gung zum Fortkommen von Gesellschaft und Menschheit beitragen“. Es ist der Anspruch des Mannheimer Keramikhersteller Kyocera. Die einstige Division Keramik, die zur Friatec gehörte, wurde vor zwei Jahren vom namens- gebenden Konzern aus Japan übernommen. „Die Manager sind entsprechend geschult und müssen das tagtäglich berücksichtigen“, sagt Kyocera-Geschäftsführer Armin Kayser. Grundprinzip des Unternehmens sei Wachs- tum. Damit das gelingt, braucht der Spezial- betrieb, der Bauteile aus technischer Keramik herstellt, die sich dann in der Halbleitertech- nik, Medizintechnik oder dem Maschinenbau wiederfinden, gut ausgebildete Fachkräfte. Weil der Markt diese nicht immer oder nicht in ausreichender Zahl hergibt, sorgt Kyocera selbst dafür. Entsprechend hoch ist die Ausbildungsquote: Sie liegt bei demMittelständler mit 300 Mit- arbeitern bei rund zehn Prozent. Aktuell lernen bei dem Betrieb in Friedrichsfeld 25 ge- werbliche Auszubildende – Zerspanungsme- chaniker, Industriemechaniker, Industriekera- miker – sowie angehende Industriekaufleute und ein Kaufmann für Digitalisierungsma- nagement. Das ist ein neuer Beruf, der durch die Neuordnung der IT-Berufe entstanden ist. Die Aussichten für einen Job im Anschluss? „Sehr gut“, sagt Personalchef Bernhard Stähle. „Die können mit Ende 20 so viel verdienen wie der studierte Ingenieur.“ Ausbildung, so werben Stähle und Kayser, sei heutzutage viel attraktiver als noch vor zehn Jahren.
Lehrinhalte hautnah vermitteln: Einblick in die Vor-Pandemie- Bildungsaktivitäten bei Freudenberg.
Eine Aus- bildung stellt die Menschen breit auf, das müssen wir wieder stärker kommunizieren. Denn die Fach- kräfte sichern die Zukunft von uns allen.“ Wilhelm Schüttler, Ausbilder
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