IHK-Magazin Ausgabe 03/2022

AUS DEN UNTERNEHMEN

nicht so entertaining ist, wie es im Fernsehen dargestellt wird. Sondern? Wiens: Als Gründerin oder Gründer will man die eigene Idee nach vorne bringen. Risiko spielt dabei erstmal keine Rolle, aber auch das Scheitern gehört dazu. Der große Vorteil in Deutschland: Es gibt ein bestehendes soziales Netz, das einen im Notfall auffängt. Das hat auch mich mental entlastet, als ich gegründet habe: Man kann sich darauf konzentrieren, etwas Neues zu erschaffen. Wird diese Chance genutzt? Wiens: Im Vergleich zu anderen Ländern leider viel zu wenig. Oft fehlen noch immer die Vor- bilder: Wir haben gerade in Baden-Württemberg inspirierende Gründergeschichten, beispielswei- se Götz Werner von dm. Das ist aber eine andere Generation von Gründern. Die jungen Vorreiter fehlen, weil sie oft in die Hotspots nach Berlin oder München abwandern. Und es gibt aus mei- ner Sicht ein grundlegendes Problem. Welches? Wiens: Unternehmersein in allen Facetten muss ganz früh ein Thema werden – in der Schule, in der Erziehung, in den Medien. Aber auch in der Politik: Denn ein Bürgermeister, der denkt, ein Gründerzentrum irgendwo am Speckgürtel zu eröffnen, hilft dabei, dass ein nächstes großes Tech-Start-up entsteht, der verniedlicht den Prozess. Gründer und Grün- derinnen warten nicht auf die Politik, aber sie wollen von ihr ernst genommen werden.

bringen zu dürfen, musste es in Laboren vorab rund 1.600 Testzyklen durch- laufen. Zielgruppe von Detherma sind derzeit vorrangig Patienten, die an Muko- viszidose oder anderen Atemwegserkrankungen erkrankt sind. „Unser An- spruch ist es, dass bereits bestehende lebensbe- drohliche Schäden an der Lunge nicht verschärft werden und sich gleich- zeitig die Lebenserwartung der Nutzer erhöht“, erklärt Nordmann. Er und Linder führen daher bereits Ge- spräche, um zu erreichen, dass ihr Desinfektions- und Trocknungsgerät als verschreibungspflichtiges Medizingerät anerkannt wird. Dadurch sollen Pa- tienten es für den Hausge- brauch nutzen können. „Wir können uns zusätz- lich vorstellen, dass unser Produkt in Rehakliniken und Arztpraxen eingesetzt wird. Unter anderem die Charité́ in Berlin hat bereits ihr Interesse signalisiert“, so Nordmann weiter. Und es gebe weiteres Potenzial für den freien Markt, etwa in Kosmetikstudios und in Physiotherapie- und Zahn- arztpraxen. „Alles, was vor Gebrauch desinfiziert werden muss und was nach kurzer Zeit wieder keimfrei zum Einsatz kommen soll, ist denkbar für unsere An- wendung“, sagt Nordmann. Wer weiß, vielleicht kommt die nächste bahnbrechende Erfindung der Medizin- technik aus Mühlhausen. Erste Testversuche, um die derzeit so wichtigen Atem- schutzmasken nach Ge- brauch mit dem Detherma- Produkt zu desinfizieren, laufen nach Aussagen der Gründer bereits sehr gut.

GETSAFE „Gründer warten nicht auf die Politik“

Dr. Lutz-Ulrich Haack, Geschäftsführer der Unamatata GmbH, arbeitet mit einem Netzwerk aus Freelan- cern zusammen.

Getsafe-Geschäftsführer ChristianWiens hat in seinem Unternehmen die Mitarbei - terbeteiligung eingeführt.

Welche Versicherung Christian Wiens zuletzt über die unternehmenseigene App abge- schlossen hat? Eine neue Hausratversiche- rung. Der CEO von Getsafe über Versiche- rungen der Zukunft und Start-up-Kultur.

unamatata.de

UNAMATATA „Der Markt an öffentlichen Ausschreibungen ist riesig“ Dr. Lutz-Ulrich Haack gründete 2020 die Unamatata GmbH. Im Interview erzählt der 44jährige, wieso er sich zuvor als Mitglied der Geschäftsleitung der Unternehmens- gruppe Schwarz für einen beruflichen Neuanfang ent- schieden hat.

HerrWiens, wann ist Getsafe an der Börse?

ChristianWiens: Realistisch gesehen sind wir in zwei bis drei Jahren so weit. Es gibt aber mittlerweile einen großen Markt mit privaten Investoren, so dass man als Unternehmen nicht zwangsläufig an die Bör- se muss, um Kapital zu erhal- ten. Geht Getsafe also wirklich an die Börse? Mal schauen. Wiens: Ich habe Maschinen- bau studiert und kam durch Zufall zur Idee, Versicherungen auf dem Smartphone anzubie- ten: Nachdem ich die Glastür meines Vermieters zerbrochen hatte, musste ich bei meinem Vater erstmal die Ordner mit den abgelegten Versicherungs- policen durchsuchen. Heute Wie wurden Sie zum Unternehmer? bieten wir bei Getsafe vorrangig jungen Erwachsenen zwischen 18 und 35 an: Via Smartphone lassen sich Haftpflicht- oder KfZ-Versicherung schnell bu- chen, alle Daten sind im Notfall wenige Klicks entfernt abrufbar. Wiens: Mit der Zulassung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht 2021 sind für uns in Europa die Weichen gestellt und es gibt keine Hürden für weite- re europaweite Aktivitäten. Im März haben wir bei der BaFin die Ausweitung unserer Wo ist Ihr Unternehmen in zwei, drei Jahren?

Geschäfte auf die Märkte in Frankreich, Italien und Öster- reich beantragt. Längerfristig werden wir sicher unser Ange- bot auf Risiken erweitern, die aufgrund von Digitalisierung entstehen: Eine heute 20-Jäh- rige hat mehr digitales als phy- sisches Eigentum. Da gibt es viele digitale Vermögenswerte, die versichert werden müssen. 2015 haben Sie Getsafe zu- sammen mit Marius Simon gegründet, seit neuestem unterstützen Sie das Heidel- berger Start-up nuwo. Wann sind Sie bei „Höhle der Löwen“ als Investor mit dabei? Wiens: Bei nuwo bin ich als Business-Angel im Hinter- grund dabei, weil ich Team und Konzept stark finde. Ich kriege öfters Pitch-Unterlagen aus Berlin oder Amsterdam auf den Tisch. Das hat teilweise eine andere Qualität als in der Re- gion, weil die Leute viel selbst- bewusster agieren, aber bisher hat mich da noch nichts über- zeugt. Bei „Höhle der Löwen“ wird man mich vermutlich nie sehen, denn die Themen, die angesprochen werden, haben wenig mit unserem Insurtech- Hintergrund zu tun. Per se finde ich die Sendung nicht schlecht – man kann jetzt auch mit Omis über Start-ups reden. Aber Spaß beiseite: Das Prob- lem ist, dass die Start-up-Szene

Schreibwaren und später Auto- zubehör tätig. Dann bin ich innerhalb der Schwarz-Gruppe zu Lidl E-Commerce gewech- selt. Zuletzt war ich Mitglied der Geschäftsleitung in der „Holding“ für viele Stabsfunk- tionen verantwortlich. Irgend- wann habe ich gemerkt,

Was treibt Sie als Unterneh- mer an? Dr. Lutz-Ulrich Haack: Ein- deutig Ware! Ich habe Be- triebswirtschaft in Deutsch- land und China studiert und war lange bei der Kaufland Warenhandel als Zentral- einkäufer International für

ZAHLEN + FAKTEN

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2015 von ChristianWiens und Marius Simon gegründet 160 Mitarbeiter 100 Millionen Euro Wagniskapital 300.000 Kunden Firmensitz in Heidel- berg, weitere Stand- orte in London und Berlin

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