Das mediale Umfeld junger Menschen

Best Practice in der Offenen Jugendarbeit? Analoge Zweitverwertung digitaler Spiele am Beispiel des RPG-Wörterspiels Kotodaman von Mixi Inc. Robert Niemeier Szenario: Im Jugendzentrum Kamp in Bielefeld versammeln sich an einem typischen Schultag bis zu 150 Schüler*innen der 5. bis 7. Klassen des benachbarten Helmholtz-Gymnasiums, um an der Übermittagsbetreuung „Treff nach 12“ teilzunehmen. Den Jugendlichen steht es frei, an verschiedenen Angeboten wie Sport, Kreativ- und Musikaktivitäten teilzunehmen oder einfach zu entspannen. Letzteres bedeutet häufig, dass sie Mobile Games auf ihren Smartphones spielen, meist isoliert und selten gemeinsam. Die Vorstellung, dass alle Kinder zum Kartenspielen zusammenkommen, ist in Japan jedoch keine Utopie, wie wir bei unserem Besuch des Mobile Games Herstellers Mixi Inc. erfahren durften. Denn ein zentraler Beweggrund für meine Teilnahme am Japan-Austausch war die Möglichkeit, Best-Practice-Beispiele für die Offene Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland zu sammeln. Das Austauschprogramm hat den Titel „Das mediale Umfeld junger Menschen: Herausforderungen und Lösungsansätze", und keiner der (Medien)Pädagog*innen unserer Delegation würde digitales Gaming pauschal als reine Herausforderung einstufen. Dennoch war das Erfolgs- modell von Mixi Inc. für uns besonders bemerkenswert, da es sowohl den digitalen als auch den analogen Raum der Jugendlichen ansprechen kann. Im spezifischen Fall von Kotodaman wird auch die Motivation, neue Wörter zu lernen, erheblich gesteigert. Während unseres Besuchs in der Zentrale von Mixi, die sich in einem der oberen Stockwerke eines Wolkenkratzers in Shibuya befindet, erläuterten die Referenten Kazuhiko Otsuki (Produzent) und Fumikazu Ya- nase (Marketing), dass sie das Fördern von Gemeinschaft und Spiel als zentrale Aufgabe ihrer Tätigkeit als Spieleentwickler betrachten. Mixi Inc. Mixi Inc., 1999 gegründet, wurde in den 2000er Jahren zu einer der führenden Social-Networking-Plattformen in Japan. Trotz Millionen Nutzern geriet Mixi in den 2010er Jahren durch Tech-Giganten wie Facebook unter Druck und wech- selte in den Mobile-Gaming-Markt. Der größte Erfolg kam 2013 mit Monster Strike , einem der umsatzstärksten Handyspiele weltweit. Monster Strike, ein mobiles Action-Rollenspiel, das Elemente von Physik-basierten Puzzles mit Sammelkarten-Mechaniken kombiniert, kann als Vorläufer zu Kotodaman gezählt werden, dessen Spielprinzip folgend skizziert wird. Spielprinzip Kotodaman Kotodaman ist ein mobiles Rollenspiel (RPG), das im April 2018 von Sega veröffentlicht wurde und Wort-Puzzle-Ele- mente mit RPG-Gameplay kombiniert. Der Name setzt sich aus den japanischen Worten "Koto" (Wort) und "Tama" (Seele) zusammen, da Wörter im Spiel Macht haben und für Angriffe genutzt werden können. Spieler setzen Kotoda- man -Charaktere auf ein Spielfeld und bilden mit Buchstaben japanische Wörter. Je länger das Wort, desto stärker der Angriff. Die Charaktere, oft tierähnliche Wesen, haben verschiedene Attribute und gehören zu Elementklassen wie Feuer oder Wasser, was strategische Teamzusammenstellungen erfordert. Für die Entwicklung der Charaktere hat Mixi mit namhaften Anime-Publishern zusammengearbeitet. Die Kartenspiel-Variante von Kotodaman kombiniert ebenfalls Wortbildung und Strategie. Spieler nutzen Buchstabenkarten, um Monster zu beschwören oder Zauber zu aktivieren. Je länger das Wort, desto stärker der Effekt. Monsterkarten repräsentieren Charaktere mit verschiedenen

34

Made with FlippingBook - Online catalogs