DOGStoday

Im Gespräch

3. 2022

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››Deutschland liefert im Moment den Beweis dafür, dass ein Zusammenleben möglich ist. Man muss die Tiere in Ruhe lassen‹‹

Der Wolf ist zurück: Seit dem Jahr 2000 siedelt er sich erneut in unseren Wäldern an und verbreitet sich, vor allem im Norden Deutschlands, rasch. Schätzungen ge- hen von 180 Wolfsrudeln mit mehr als 2000 Tieren aus. Während ein Großteil der Menschen die Rückkehr be- grüßt, sind vor allem Jäger und Weidetierhalter beun- ruhigt. So entstand eine Debatte, die mit starken Emoti- onen behaftet ist und oft durch Halbwissen und Vorur- teile dominiert wird. Höchste Zeit also, dass sich ein Profi einschaltet: Prof. Dr. Kurt Kotrschal ist Verhaltens- biologe und Mitbegründer des Wolf Science Center in Ernstbrunn. In seinem neuen Buch beschäftigt er sich auch mit der Situation der Wölfe in Deutschland

Herr Kotrschal, wie konnten sich Wölfe überhaupt

so schnell in Deutschland verbreiten? In deutschen Wäldern gibt es ein Überangebot an Wild- tieren, also genug Beute für den Wolf. Hinzu kommt, dass sich die Einstellung der Menschen geändert hat. Während man früher Angst hatte und den Wolf ausrotte- te, sind die Menschen heute interessiert und freuen sich über seine Rückkehr. Eine ganze Reihe von Regelwerken stellt den Wolf in Europa unter Schutz. Das gibt es sonst nirgendwo, dass sich Wölfe so rasch und mit einem eini- germaßen guten Monitoring ausbreiten.

natürlich auch, dass der Mensch den Wolf in Ruhe lassen muss. Das bedeutet, dass man die Tiere nicht mit Futter anlocken darf, um ein schönes Instagram-Bild zu ma- chen. Deutschland liefert im Moment den Beweis dafür, dass ein Zusammenleben möglich ist, auch wenn das nur mit konsequentem Herdenschutz gehen wird. Aber der Wolf ist ja nicht nur ein Problem. Es hat auch Vorteile, wenn die Beutegreifer wieder da sind. Welche Vorteile sind das? Es gibt ökologische Argumente: Wo Wolfspopulationen existieren, steigt die Biodiversität, weil Wölfe sehr effizi- ent kleinere Jäger wie etwa den Rotfuchs kontrollieren. Dadurch geht es der Kleintierfauna besser. Außerdem halten Wölfe die Wildbestände gesund. Sie sind Spezia- listen darin zu erkennen, welche Beute einfach zu erle- gen ist. Junge, alte, kranke und schwache Tiere registrie- ren sie sofort und entfernen sie aus Beständen. Unter Tierhaltern werden Mischlinge aus Hund und Wolf immer beliebter. Wie erklären Sie sich den Trend der sogenannten Wolfshybriden? Mindestens 20 Prozent dieser Hundehalter interessieren sich wirklich für den Wolf und haben deswegen einen Hund. Einige von denen holen sich einen tschechoslo- wakischen Wolfshund oder einen Saarlooswolfhund. Ein kleiner Teil der Halter aber schafft sich einen High-Con-

Wovor haben Jäger und Weidetierhalter Angst,

wenn der Wolf sich weiter ausbreitet? Die Weidetierhalter haben 150 Jahre ohne Wolf gewirt- schaftet, ihre Vorfahren haben ihn erfolgreich ausgerot- tet. Jetzt verstehen sie nicht, warum wir ihn wieder willkommen heißen. Das kann ich sogar zum Teil nach- vollziehen. Deshalb darf man sie nicht alleine lassen. Herdenschutzmaßnahmen kosten Geld, da brauchen sie Unterstützung – zum Beispiel in Form von höheren Erzeugerpreisen. Die Jäger sind von der Einstellung her sehr heterogen. Einige sind eher freudig aufgekratzt, weil der Wolf wieder da ist, und glauben, bald auf Wolfs- jagd gehen zu können. Andere sind aus wirtschaftlichen Gründen strikt dagegen. Sie denken, dass das Wild ihr Eigentum ist und befürchten, dass der Wolf ihnen die Beute zum Jagen wegnimmt.

Wie sieht Ihrer Meinung nach der richtige Umgang

mit dem Wolf aus? Konflikte zwischen Menschen und Wolf müssen mini- miert werden. Es gibt bereits mehrere Untersuchungen, die sich damit beschäftigt haben. Die Lösung besteht darin, Wölfe zu überzeugen, mit Menschen möglichst wenig in Kontakt zu kommen. Und im Umkehrschluss

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