DOGStoday

DOGS today

Tierschutz

94

››Das Tötungsgesetz zwingt uns, schneller und effektiver zu handeln. Doch die Überzeugungs- arbeit ist mühsam‹‹

Städtemanagement der Landkreise. Darunter fällt auch die Verkleinerung der Streunerpopulation. Die Tierhilfe Hoffnung hat mit dem Deutschen Tierschutzbund aber ein Konzept für die rumänische Regierung entwickelt, wie die rund 150 Tötungstationen in Kastrationszentren umgebaut werden können. Danach wären binnen fünf Jahren mehr als 90.000 Kastrationen möglich, gleichzei- tig hätte sich der Umbau amortisiert. Dann wären Kast- rationen knapp 54.000 Euro pro Jahr günstiger als das Töten und die Population der Straßenhunde würde reduziert. „Wir brauchen eine politische Lösung“, sagt Schmidt. Doch bis es diese gibt, steht er vor einem gewaltigen Dilemma: Die Ursache des Problems zu bekämpfen, geht viel zu langsam. So ist die Smeura darauf angewiesen, viele Hunde zu vermitteln. Sonst ist kein Platz für neue Hunde aus den Tötungsstationen. Geschätzte 30.000 Hunde aus dem Auslandstier- schutz werden jedes Jahr nach Deutschland vermittelt. In vielen Ländern ist das Töten streunender Hunde er- laubt, darunter Estland, Lettland, Frankreich, Irland, Kroatien, Portugal, Slowakei und Ungarn. Viele Organi- sationen stehen also unter so großem Druck wie die Smeura. Aber nicht längst jede arbeitet professionell. Auch nicht jede von Herzen gut gemeinte. Manche ver- mitteln Hunde mit beschönigenden Verhaltensbeschrei- bungen, weil sie so viele wie möglich retten wollen. Doch nicht jeder Streuner ist nur dankbar für ein Leben an der Leine, in der Großtadt oder unter dem Büro- schreibtisch. Das stellt sich oft erst heraus, wenn der Hund in seinem neuen Umfeld nicht klarkommt und pa- nisch auf Autos, Lärm oder gar Kinder reagiert. Sind die Hunde nicht medizinisch behandelt worden und haben Krankheiten wie Leishmaniose, Babesiose oder Parasi- ten wie Herzwürmer, folgen hohe Tierarztkosten. Es gibt sogar Kriminelle, die am Mitleid verdienen. Fake-Tier- schützer etwa, die Hunde mit rührseligen Geschichten im Internet verkaufen, und so mit den Tötungsstationen gemeinsam Kasse machen. Solche dubiosen Angebote, die sich auch in Online-Verkaufsportalen finden, sind oft nicht zu durchschauen. Sie bringen den seriösen Aus- landstierschutz in Verruf. Und sorgen dafür, dass diese Hunde hier im Tierheim landen, wenn ihre Halter über- fordert sind. Sie haben kaum eine Chance auf Vermitt- lung. Ich habe, seit wir Toni haben, viele tolle Tier- schutzhunde kennengelernt. Aber auch Fälle wie beschrieben. Deshalb finde ich, dass wir uns ehrlich mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Moralische Schuldzuweisungen und pauschale Aufforderungen à la „Adopt, don’t shop!“ helfen nicht. Wohl aber Tierschutz,

die Kastrationen fort. „Das Tötungsgesetz zwingt uns, schneller und effektiver zu handeln“, sagt Schmidt. Sechs zu Kastrationsmobilen umgebaute Krankenwagen fah- ren außerdem an sechs Tagen pro Woche in entlegene Dörfer. Der Radius wird jedes Jahr zehn Kilometer grö- ßer. So ist es der Smeura bis heute gelungen, 175.000 Hunde zu kastrieren. Jedes Jahr kommen rund 12.000 dazu. Doch die Überzeugungsarbeit ist mühsam: „Du hast eine Straße mit zehn Haushalten, da lassen sechs alle Tiere kastrieren. Zwei lassen die Hündin kastrieren und den Rüden nicht. Und zwei schicken dich weg“, erzählt Schmidt. „Und dann kommst du ein halbes Jahr später in das Dorf, und es schaut aus wie zuvor.“ Dabei wären sie ja verpflichtet, ihre Hunde kastrieren zu las- sen. Das schreibt das Tötungsgesetz ebenfalls vor. Doch diese Vorschrift wird kaum kontrolliert. Viele Gemein- den haben offenbar kein Interesse daran, das Geschäft mit dem Töten zu beenden. Denn für jeden Schritt, den das Gesetz vorschreibt, gibt es Geld: Zehn Euro Fang- pauschale plus 50 Cent Kilometergeld, zwischen fünf und acht Euro am Tag für die 14-tägige Unterbringung, bis zu 45 Euro für medizinische Leistungen und rund 30 Euro für die Todesspritze. Mehr als 200 Euro lassen sich so pro totem Hund verdienen – halb so viel wie der staatliche Mindestlohn des Landes. Je mehr dieser Leis- tungen gar nicht erbracht werden, desto mehr bleibt da- von übrig. So hat sich eine grausame Cash&Kill-Indust- rie in Rumänien entwickelt. Dass Geld dafür stammt auch aus der EU: Ein Teil der Subventionen fließt in das

Made with FlippingBook flipbook maker