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Kultur
4. 2022
W ürdevoll sitzen sie da, mit ausdrucksstarkem Blick, ganz ruhig und in aufrechter Haltung: Eigentlich sehen die Hunde, die Vincent Lagrange ablichtet, gar nicht aus wie Hunde. Sie erin- nern an Adelsporträts auf alten Gemälden und sind völlig anders als alles, was man sonst aus der Tierfoto- grafie kennt. Das „Human Animal Project“, eine ganz besondere Fotoserie, die Lagrange schon seit über zehn Jahren verfolgt, bricht mit Erwartungen. Als Sohn des weltberühmten Porträt- und Aktfotografen Marc Lagrange verbrachte der Belgier viel Zeit im Studio sei- nes Vaters. Er blieb der Fotografie treu, schlug aber mit den Tierporträts einen ganz anderen Weg ein. In seiner Arbeit möchte er die individuellen Persönlichkeiten der Tiere einfangen, seinen Bildern liegt ein egalitäres Prin- zip zugrunde: Hunde sind so wichtig wie wir Men- schen, findet Lagrange, und verdienen unseren Respekt. Wir haben mit ihm über seine Arbeit und den besonde- ren Charakter von Hunden gesprochen. Herr Lagrange, das erste Tier, zu dem Sie eine Beziehung hatten, war eine Katze – Dzwiezel. Wie kommt es, dass Sie jetzt Hunde fotografieren? Was ich an Hunden so interessant finde, ist ihre Loyali- tät und dass sie keine vorgefassten Meinungen haben. Das macht sie zu echten und unverfälschten Wesen. Ge- nau das versuche ich zu porträtieren, damit diese Ein- zigartigkeit auch für uns Menschen erkennbar wird. Ganz generell möchte ich die Dinge so einfangen, wie Mutter Natur sie geschaffen hat, und dabei nicht zu viel eingreifen – zum Beispiel mit Make-up oder anderen Hilfsmitteln. Und obwohl ich gerade im Moment an einer Bilderserie über exotische Tiere arbeite, ist meine große Leidenschaft, Hunde zu fotografieren und ihre Seele durch Bilder zum Ausdruck zu bringen.
››Es ist meine große Leidenschaft, die Seele von Hunden durch Bilder zum Ausdruck zu bringen‹‹
Würden Sie also sagen, dass es zwischen Ihnen und
Tieren eine spezielle Verbindung gibt? Wenn ich ein Tier zum ersten Mal kennenlerne, möchte ich mich in Ruhe mit ihm vertraut machen – jedes Tier ist anders. Um das perfekte Foto einfangen zu können, versuche ich, eine Verbindung zu den Tieren aufzubau- en. Die Chemie zwischen dem Fotografen und dem Model spielt immer eine große Rolle für das Bild. Wie sind Sie auf die Idee zu der Bilderserie „Human Animal Project“ gekommen – hatten Sie das Konzept schon im Kopf oder hat sich das spontan ergeben? Ich bin ja im Atelier meines Vaters aufgewachsen, wo es hauptsächlich um die Inszenierung der weiblichen
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