Rütter – Das Magazin

QUALZUCHT

der Tierärztekammer Berlin, trotz neu gegründeter Netzwerke gegen Qualzuch- ten wie dem Qualzucht-Evidenz Netzwerk (QUEN) oder durch HundetrainerInnen, VeterinärmedizinerInnen und anderen Fachleuten werden wir im Alltag nach wie vor mit vermeintlich lustigen Videos kon- frontiert, und auch in unseren Welpen- gruppen sehen wir nach wie vor eine Viel- zahl von Welpen dieser Rassen. Welche Rassen sind dabei konkret ge- meint? Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. hat ein Merkblatt über Qualzuchten und Erbkrankheiten beim Hund herausgegeben und nennt betroffe- ne Rassen. Zudem werden die verschiede- nen Qualzuchtmerkmale erläutert, wie die Brachyzephalie (Kurz- und Rundköp- figkeit), Beschwerden des Bewegungsap- parates, aber auch Erbkrankheiten, die bestimmte Rassen betreffen, wie der Mer- le-Faktor beim Australian Shepherd, der zu Taubheit und Blindheit führen kann. Was sind denn eigentlich Qual- zuchtmerkmale? Ist dieser Begriff nicht ein bisschen übertrieben ausgedrückt? Im deutschen Tierschutzgesetz findet man in §11b Absatz 1 eine sehr lange Formulie- rung, die ich hier der Verständlichkeit hal- ber gekürzt zusammenfasse: „Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten […] soweit züchterische Erkenntnisse […]

Fehlende Körperteile Eine von Geburt an fehlende Rute kommt beispielsweise bei der Französischen Bull- dogge oder dem Boston Terrier vor. Da es sich bei der Rute um die Verlängerung der Wirbelsäule handelt, ist die Wahrschein- lichkeit hoch, dass bei Veränderungen der Schwanzwirbel zusätzlich auch Wirbel- veränderungen in anderen Bereichen der Wirbelsäule vorkommen und zu Schmer- zen führen können. Das Fehlen von Haaren oder Fell kann zum einen direkte negative Auswirkungen auf den betroffenen Hund haben, da er in seinem Temperaturausgleich, aber auch in der Kommunikation mit anderen Hun- den eingeschränkt sein kann. Entschei- dend ist aber auch, dass bestimmte Gene beispielsweise nicht nur für das Fehlen von Fell verantwortlich sind, sondern auch gleichzeitig dazu führen können, dass die Nachkommen versterben, bevor sie das fortpflanzungsfähige Alter erreichen (Se- miletalfaktor beim Nackthund). Untaugliche Organe Insbesondere bei kurznasigen Rassen ist der knöcherne Vorderschädel so verkürzt, dass die an der Atmung beteiligten Orga- ne nicht mehr genug Platz haben, um für einen ausreichenden Sauerstofftransport zu sorgen.

erwarten lassen, dass als Folge der Zucht […] bei der Nachzucht […] Körperteile oder Organe […] fehlen oder untauglich oder um- gestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten […] oder Verhaltensstörungen […] oder die Haltung nur unter Schmerzen […] möglich ist.“

Schauen wir uns diese Begrifflichkeiten einmal im Detail an:

Blau/Grau bei Frenchies ist kein natürlicher Fellton. Die Farbe entsteht durch eine Genmutation. Solche Hunde neigen zu Haarausfall und Hautentzündungen

Umgestaltete Körperteile Verengte Nasenlöcher führen dazu, dass

20 Martin Rütter 7/2022

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