heult und jault er, sodass sich die Nachbarschaft schon beschwert hat.“ „Und meiner bellt im Garten jeden Spazierenden an, der an unserem Grundstück vorbeigeht“, erklärt der Halter des anderen Rüden. „Das hat unser vorheriger Hund nicht gemacht, der war völlig normal.“ Auf dem Weg nach Hause geistern die Aussagen der Hundehalter und -halterinnen noch immer in meinem Kopf herum. Ab wann verhält sich ein Hund eigentlich normal und welches Verhaltens ist wirklich gestört? Normalverhalten des Hundes Durch die Domestikation des Hundes zeigt dieser ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zum Menschen und ist ein wahrer Anpas- sungskünstler geworden, der mit den verschiedenen Lebensge- wohnheiten seiner Menschen erstaunlich gut klarkommt. Den- noch ist das arteigene Verhalten unserer Hunde nach wie vor stark ausgeprägt und daher ist es sehr schwierig, das Normal- verhalten eines Hundes zu definieren, da es DEN Hund gar nicht gibt. Aufgrund der immensen Vielfalt an verschiedenen Rassen und deren unterschiedlicher Eigenschaften und Talente ist es nahezu unmöglich, ein Normalverhalten festzulegen. Hinter sich bewegender Beute herzuhetzen, ist für den Jagdhund völlig normal, würde beim Wachhund aber eher als unnormal gelten. Aber selbst innerhalb einer Rasse und sogar innerhalb eines Wurfes ist ein Normalverhalten nur schwer festzulegen. Durch die unterschiedlichen Persönlichkeiten der einzelnen Hunde- individuen reagieren diese bisweilen auch unterschiedlich auf verschiedene Reize und in verschiedenen Situationen. Ein eher furchtsamer oder ängstlicher Hund neigt dazu, neue Reize als bedrohlich wahrzunehmen und dementsprechende Vermei- dungsstrategien an den Tag zu legen. Auch im Bereich der
A b und zu besuchen wir mit unseren beiden Hunden Herrn Doktor und Charlie den nahe gelegenen Hundefreilauf. Dabei wurde ich letztens Zeuge folgender Situation: Zwei Rüden versuchten unaufhörlich, ihre Nasen in den Genitalbe- reich einer jungen Hündin zu stecken. Dies war der Hündin sichtlich unangenehm. Mit aufgewölbtem Rücken, angelegten Ohren und eingeklemmter Rute lief sie hechelnd zu ihrer Halte- Marc Lindhorst Als einer der ersten Partner von Martin Rütter steht Marc Lindhorst seit nunmehr zwölf Jahren den Hundehaltern und Hundehalterinnen im Kieler und Lübecker Raum mit Rat und Tat zur Seite. Neben Einzel- und Gruppentraining bietet er Vorträge, Seminare und Workshops zu unterschiedlichen Themen an. www.martinruetter.com/kiel, www.martinruetter.com/luebeck
rin und stellte sich hil- fesuchend neben diese. Von alldem bekam die- se aber leider nichts mit, da sie völlig in Ge- danken versunken auf ihr Handy starrte. Als die Hündin bemerkte, dass von ihrem Frau- chen keine Unterstüt- zung zu erwarten war, setzte sie sich verzwei- felt hin, in der Hoff- nung, dass die beiden Hunde dann aufhören würden. Leider blieb ihre Strategie erfolglos und die beiden liebes- tollen Rüden ließen nicht von ihr ab. In ih-
Geselligkeit, Empfäng- lichkeit für Training, Aggressivität, dem Ak- tivitätslevel sowie der Reaktivität und Selbst- regulation gibt es in- nerhalb der Hundewelt unterschiedliche Hun- detypen, die eine Defi- nition des Normalver- haltens alles andere als erleichtern. Verhalten wird vom Hund dann gezeigt, wenn sich ein Un- gleichgewicht im Orga- nismus bemerkbar macht und dadurch das körperliche oder seeli- sche Wohlbefinden be-
Wenn Hündinnen allzu aufdringliche Rüden abwehren, ist das völlig normal
rer Verzweiflung schoss die Hündin dann nach vorne und schnappte lautstark nach den beiden aufdringlichen Casanovas. Diese sprangen erschrocken zurück und blieben nun sichtlich beeindruckt auf Abstand. Auf die fragenden Gesichter der um- stehenden Menschen antwortete die Halterin: „Oh sorry, meine Hündin mag keine anderen Hunde, die ist nicht ganz normal.“ „Kein Problem“, entgegnete die Halterin eines der Rüden. „Mein Hund ist auch nicht normal. Immer wenn wir ihn allein lassen,
einträchtigt wird. Verspürt der Hund Durst, dann macht er sich auf den Weg zum Wassernapf und trinkt einen Schluck. Wasser- mangel behoben, Problem gelöst. Ein Artgenosse nähert sich dem Kauknochen, an dem der Hund gerade knabbert. Der sich nä- hernde Hund wird fixiert, die Lefzen werden etwas hochgehoben und ein leises Knurren ist zu hören. Der sich nähernde Hund bleibt stehen und geht dann weg. Distanzvergrößerung erreicht, Konflikt beendet. Immer wenn ein Hund es schafft, durch sein
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