„Hey Mensch, was redest du da?“ Unsere Hunde beobachten uns sehr genau, Tag für Tag. Selbst unsere geringsten körpersprachlichen Signale werden von ihnen auf ihre Bedeutung analysiert. Denn die Sprache der Hunde ist die Körpersprache. Häufig kommt es deswegen zu Missverständnissen, weil unser Körper dem Hund etwas anderes sagt, als wir möchten
chen: Komm keinen Schritt näher! Tatsächlich wirkt Angelika auf ihre Hündin regelrecht bedrohlich. Bellas Reaktion ist mehr als nur das Abstoppen: Sie leckt sich zudem kurz mit der Zunge über die Nase, wendet ihren Blick ab und dreht den Körper seit- lich ein, so als wolle sie sich wieder entfernen. Bella zeigt de- eskalierendes Verhalten und versucht, den Druck rauszunehmen, den Angelikas Haltung – völlig unbewusst – erzeugt. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, die zeigen, wie miss- verständlich unsere Körpersprache für unsere Hunde sein kann. Unsere Worte sagen „Komm her zu mir“, wohingegen unser Kör- per signalisiert „Bleib bloß weg!“. Dabei möchte Angelika in die- sem Moment wirklich, dass Bella zu ihr kommt. Ohne sich dessen bewusst zu sein, vermittelt sie ihrer Hündin jedoch genau das Gegenteil, und Bella ist sensibel und höflich genug, um auf Dis- tanz zu bleiben. Eine Distanz, die Frauchen – aus Sicht der Hün- din – ganz klar eingefordert hat. „ Kommunikation findet nicht nur durch Worte statt “
I ch verstehe nicht, warum Bella nicht zu mir herkommt!“ Bel- la ist ein zweijähriger Großpudel, und ihr Frauchen Angelika ist verzweifelt. Wann immer sie die Hündin zu sich ruft, star- tet Bella sogleich durch und legt einen Sprint zu ihrer Halterin hin – um dann einen Meter davor abzustoppen und nicht näher zu kommen. „Ich habe schon alles probiert: bessere Leckerchen, habe Käsewürfel mit mir herumgetragen. Bellas Lieblingsspiel- zeug hatte ich auch schon beim Spaziergang dabei. Aber es nützt alles nix – sie kommt nicht nahe genug heran, damit ich sie be- lohnen, geschweige denn anleinen könnte.“ Ich bitte Angelika, ihre Großpudelhündin einmal aus dem Freilauf abzurufen. Und tatsächlich: Bella kommt freudig ange- rannt – und bremst abrupt ab. Der Grund dafür ist klar erkennbar: Frauchen steht da wie eine Torwartin, die ihren Spielraum ver- teidigt. Den Oberkörper nach vorne gelehnt, die Arme zu den Seiten ausgebreitet, den Blick direkt auf den Hund gerichtet. Aus Bellas hündischer Perspektive bedeutet die Haltung von Frau- Sandra Sauer Seit 2007 betreibt Sandra Sauer im Raum Ludwigshafen/Bad Dürkheim ihre eigene DOGS Hundeschule. Ihre Schwerpunkte sind die Arbeit mit Tierschutzhunden, der Umgang mit alten Hunden sowie Training mit ängstlichen Hunden. Sie bildet Mensch-Hund-Teams für Interventionen in pädagogischen und geriatrischen Einrichtungen aus, ist Dozentin im DOGS Studium und leitet eine Hundestaffel für die Suche nach entlaufenen Tieren. www.martinruetter.com/bad-duerkheim-ludwigshafen
Die vorgebeugte Körperhaltung und die Hand von oben wirken für den Hund bedrohlich
7/2022 Martin Rütter 45
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