Rütter – Das Magazin

Nicht selten läuft der Hund auch mit dem Ball vor dem Menschen weg, während dieser versucht, den Hund zu sich zu locken und mithilfe von Bestechung durch Leckerli oder andere Spielzeuge wieder an den Ball zu kommen. Beliebt vor allem bei Herrchen ist das

jagdlichen, sozialen und sexuellen Bereich. Mithil- fe des Spiels bereiten sich unsere Hunde auf das Leben vor, motorische Abläufe werden geübt, damit sie im Ernstfall abgerufen werden können. Konkret bedeutet dies: Im Spiel sieht man Hunde die wildesten und be-

Zerrspiel mit einem großen Tau, an dem der Hund kräftig ziehen soll. Wer von bei- den ist wohl stärker? Hund oder Mann? Hierbei geht es dann vor allem darum, Kräfte zu messen.

drohlichsten Grimassen schneiden, spie- lerisch wird der andere Hund in die Fes- seln gebissen oder verjagt. Der Hund übt in dem Fall, einen Gegner aus seinem Territorium zu vertreiben. Schleicht sich der Hund im Spiel in geduckter Haltung an ein Blatt an, das sich im Wind bewegt, ver- harrt, setzt zum Sprung an und packt das Blatt, übt sich der Hund auf spielerische Art und Weise im Jagen. Im Spiel miteinander sieht man häufig Rennspiele mit ständig wechselnden Rollen, aber auch das Selbst- handicap, bei dem sich der eigentlich überlegene Spielpartner auf den Rücken wirft und „ergibt“. Bei sexuellen Spielen üben Hunde das spielerische Aufreiten, aber auch das Vertreiben mög- licher Konkurrenten. Für alle Varianten gilt: Spielen macht dem Hund Spaß und fördert die Beziehung der Hunde untereinander. Sie verfolgen gemeinsame Ziele und Interessen und im Ernstfall sichert es das Überleben aller. Objektspiel und Sozialspiel Hunde untereinander spielen häufig ohne Hilfsmittel sogenannte Sozialspiele. Zwar kann auch eine Beute zum Objekt der Begierde werden, die dem anderen abgejagt wird, um die gestritten wird und die der Gewinner des Beutestreits dann provokativ präsentiert, doch genau das führt dann schnell auch dazu, dass das Spiel kippt, dass aus Spiel Ernst wird, und es zu einem echten Beutestreit kommt. Für ein ausgelassenes Spiel brauchen Hunde in der Regel keine Objekte. Doch weshalb spielen wir Menschen so häufig mit Objekten mit unseren Hunden? Und was macht den Unterschied zwischen einem Spiel mit und ohne Objekt eigentlich aus? Sowohl Apportier- als auch Zerrspiele sind immer an Bedin- gungen und Erwartungen an den Hund geknüpft, der Mensch stellt Regeln auf, die der Hund befolgen soll. Beim Zerrspiel soll der Hund auf das Signal „Aus“ sofort loslassen und das Zerren einstellen. Beim „Apportierspiel“ soll der Hund sitzen bleiben,

Doch handelt es sich bei Objektspielen, so wie die meisten Menschen sie mit ihrem Hund spielen, wirklich um ein Spiel für beide Seiten? Für mich als Trainerin ist jede Art von Spiel mit dem Hund erst einmal gut, denn es findet Interaktion statt, der Hund wird beschäftigt. Aber warum asso- ziieren die meisten Menschen den Begriff „Spiel“ immer mit einem Gegenstand, wenn es um das Spiel mit Hunden geht? Wissen wir vielleicht nicht um die zahlreichen anderen Mög- lichkeiten, mit unseren Hunden zu spielen? Definition „Spiel“ Schauen wir uns erst einmal an, was der Begriff Spiel eigentlich bedeutet. Dorit Feddersen-Petersen beschreibt Spiel als „ange- borenes und erlerntes Verhalten“, das „so viele Handlungsvari- anten wie sonst keine Verhaltensweise“ umfasst und „Elemente aus allen Verhaltensbereichen enthalten“ kann. „Spielverhalten ist weder irgendeine begrenzte Verhaltenskategorie, noch kann es einem definierten Funktionskreis zugeordnet werden“ (Fed- dersen-Petersen, 2001, S. 20). Dies bedeutet, dass es Spiel in allen Motivationsbereichen des Hundes gibt, also im territorialen, „ Warum assoziieren die meisten Menschen den Begriff Spiel immer mit einem Gegenstand? “

Die meisten Menschen spielen nur mithilfe eines Gegen- standes mit ihrem Hund

Das übertriebene „Spielgesicht“ signalisiert dem Gegenüber, dass es hier um Spaß geht

Bei Objektspielen wie dem Zerrspiel geht es auch um Erziehung

7/2022 Martin Rütter 51

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