Politische Dimension Internationaler Jugendarbeit

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Politische Dimension der Internationalen Jugendarbeit

Politische Dimension der Internationalen Jugendarbeit Politische Dimension im Kontext Internationaler Jugendarbeit

D ie Geschichte der Internationalen Jugendarbeit in der Bundesrepublik Deutschland ist geprägt vom Spannungs- verhältnis zwischen politischem Anspruch an die Aktivitäten der Jugendarbeit einer- seits und der Orientierung an den Motiven der Jugendlichen bzw. deren Alltags- und Freizeitinteressen andererseits (vgl. Thim- mel 2001, 2010, 2013). Die politischen Begründungen für die Internationale Ju- gendarbeit – die sich als eigenständiges Praxis- und Diskursfeld der Jugendarbeit etabliert hat – veränderten sich zwar in den vergangenen Jahrzehnten, dennoch blieb immer eine spezifische politische Begründung erhalten. Außenpolitische, gesellschaftspolitische und jugendpäda- gogische Ziele wechseln einander ab bzw. ergänzen einander. Auf die Gefahr der In- strumentalisierung pädagogischer Praxis durch politische Ziele wurde im wissen- schaftlichen Diskurs über Internationale Jugendarbeit immer wieder aufmerksam gemacht, und unterschiedliche Autoren mahnten zur Vorsicht gegenüber den aus aktueller Politik und Zeitgeist geforderten jeweils neuen politischen Ansprüchen an die Jugendarbeit. Historisch-politische Begründungen, weshalb die Begegnung und der Austausch von jungen Menschen aus unterschiedlichen Staaten sinnvoll und förderungswürdig sind, begleiten die Internationale Jugendarbeit seit ih- rer Konstituierung in den 1950er Jahren.

tische Funktion der bundesrepublikani- schen auswärtigen Jugendpolitik bestand auch darin, ein Gegengewicht zur aus- wärtigen DDR-Jugendpolitik darzustel- len, z. B. durch Programme mit Finnland und Ägypten. Ein weiteres Beispiel für die außenpolitische Funktion sind auch die Programme mit der Sowjetunion zur Auf- rechterhaltung eines jugendpolitischen Dialogs im Rahmen des engen Rahmens der Entspannungspolitik in den 1970 und 1980er Jahren. Aus Sicht der Akteure der Internationa- len Jugendarbeit sollten junge Menschen aus Deutschland in der konkreten Begeg- nung mit Gleichaltrigen aus den Staaten, deren Bevölkerung unter dem Schrecken des Zweiten Weltkrieg gelitten hatten, stellvertretend einen Beitrag zum Frieden und zur Aussöhnung leisten. Aus heuti- ger Sicht ist der ideologische Gebrauch Professor für Wissenschaft der Sozialen Arbeit an der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der Fachhochschule Köln. Forschungsfelder: Internationale Jugendarbeit, Jugend und Europa, Politische Bildung; Kontakt: andreas.thimmel@fh-koeln.de

Für die Entwicklung der Internationalen Jugendarbeit entscheidend und typisch ist das Ringen um eine adäquate Balance zwischen außenpolitischen und jugend- pädagogischen Begründungen. Historisch-politische Entwicklung der Internationalen Jugendarbeit in der Bundesrepublik Deutsch- land Das historische Hauptmotiv für die Inter- nationale Jugendarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg war aus Sicht der Bundesre- publik Deutschland die „Wiedergutma- chung und Sühne“ gegenüber denjeni- gen Ländern und deren Bevölkerung, die das nationalsozialistische Deutschland überfallen und an denen sich dieses vor und während des Zweiten Weltkrieges an Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht hatte. Die außenpoli-

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