Rechtsextremismus und Rassismus als Themen in der IJA

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Einführung ins Thema

Die Haltungsfrage: „Was hat das mit mir zu tun?“

Eike Totter ist Diplom-Soziologe und arbeitet freiberuflich als Trainer, Coach und Berater (nicht nur) in den Bereichen Anti-Diskriminierung, Diversität / soziale Inklusion und Kommunikation. Kontakt: trainings@totter.eu; www.totter.eu

rücksichtigt, wenn auch nicht immer wertschätzend. In der niederländi- schen und flämischen Diskussion ist von Allochthonen und Autochthonen die Rede – in der gesellschaftlich-po- litischen Diskussion häufig verbunden mit pauschalen Zuschreibungen, ähn- lich wie in Deutschland. Schon diese begrifflichen Unterschiede machen deutlich, dass dahinter auch verschie- dene Konzepte und Wahrnehmungen stehen, auch verschiedene Konzepte von political correctness und unter- schiedliche sprachliche Sensibilitäten. Insbesondere bei der – manchmal notwendigen – Skandalisierung oder zumindest Bearbeitung von Konflik- ten im Themenfeld Rassismus und Rechtsextremismus sollten wir uns dieser unterschiedlichen Konzepte bewusst sein – oder zumindest der Möglichkeit ihrer Existenz, denn sie spielen eine Rolle. Für mich ist eine wichtige Schlussfolgerung daraus, eher über die Dinge selbst zu reden als über Begriffe.

D iskriminierung (aufgrund welcher Ei- genschaft auch immer) ist eine der gefährlichsten Bedrohungen des sozialen Friedens: im individuellen Rahmen, im kulturellen „gewusst wie“ oder in institu- tionalisierten Abläufen. Es scheint immer noch grundsätzlich in Ordnung zu sein, dass es Menschen gibt, die nicht in vollem Umfang teilhaben können und keinen oder schlechteren Zugang zu Gebäuden, Informationen, Wohnungs- oder Arbeits- markt haben. Dieser fatale Fehler im Sys- tem ist tief in unserem Alltag verwurzelt. Glücklicherweise gibt es immer wieder Strömungen, die dem widersprechen und in Deutschland ist es politisch heikel, sich für die Erhaltung des Status quo und ge- gen die Umsetzung von Menschenrech- ten einzusetzen. Die Schaffung von Räumen, in denen Dis- kriminierung transparent gemacht und unterbrochen wird ist eine Führungsauf- gabe – gleiche Möglichkeiten müssen von Privilegierten geschützt werden: Es ist zermürbend und demütigend, sie als Ausgegrenzte/-r einzufordern und etwa gegen eine Organisationskultur durch- zusetzen. Das gilt nicht nur für Verwal-

tungen und Betriebe, sondern auch und gerade im Bildungsbereich. Hier können egalitäre Praxen geübt und Persönlichkei- ten geformt werden. In der Jugendarbeit, in internationalen Austauschen, in Sport- vereinen und nicht zuletzt in der Schule soll Selbstvertrauen gestärkt werden. Hier kann erfahren werden, wie Rücksicht und Solidarität funktionieren, wie durch den Schutz der Einzelnen vor Marginalisierung oder Mobbing ALLE geschützt werden. So wird deutlich, dass „survival of the fit- test“ auf Kosten der nicht Konkurrenzfähi- gen kontraproduktiv ist, so können auch gesamtgesellschaftlich immer größere Räume geschaffen werden, in denen Soli- darität gelebt wird und in denen auch die noch Marginalisierten teilhaben und ihre Persönlichkeit entfalten können. Die dafür notwendigen Prozesse sind komplex. Auch wenn man meint, über Ursachen und Motivationen von Diskri- minierung und Gewalt sei alles gesagt, zeigt uns die Praxis, dass starke gesell- schaftliche Routinen deren Überwindung immer wieder verhindern. Die Praxis zeigt, dass auch motivierte, gut ausge- bildete und mit Ressourcen versehene

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