Refugees welcome – auch in der Internationalen Jugendarbeit

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Wissenschaftlich-psychologische Empfehlungen für die Arbeit mit Geflüchteten

• Wahlmöglichkeiten schaffen • Ressourcen wahrnehmen • Ernst nehmen, auf Augenhöhe begegnen.

Bei der Durchführung von Maßnahmen mit jungen Geflüchteten kann es immer wieder dazu kommen, dass Traumata re- aktiviert werden. Folgende Symptome zeichnen eine posttraumatische Belas- tungsstörung (PTBS) aus: • Nachhallerinnerungen, Flashbacks, Albträume • Betroffene vermeiden Umstände, die der Belastung ähneln • Teilweise oder vollständige Unfähig- keit, sich an einige wichtige Aspekte des belastenden Erlebnisses zu erinnern • Ein-und Durchschlafstörungen • Reizbarkeit und Wutausbrüche • Konzentrationsschwierigkeiten • Erhöhte Schreckhaftigkeit • Sozialer Rückzug, emotionale Stumpfheit, Gleichgültigkeit gegen- über anderen Menschen. Heike Abt spricht folgende Empfehlungen für den Umgang mit jungen Geflüchteten im Rahmen von internationalen Begeg- nungsmaßnahmen aus, um Retraumati- sierung zu vermeiden: • Nicht fragen, nicht berichten lassen, auch nicht von Alpträumen • Keine Überraschungen, keine Willkür • Auf eigene Psychohygiene achten • Nicht „Retter“ o. ä. werden • Sicherheit aufbauen, alles erklären • Ins „Jetzt“ holen • Erlernen von Selbstberuhigungs­ strategien anregen • Ablenkung bieten • „Normalität“ der Reaktion betonen • Stressreduktion ermöglichen

• Auswahl der deutschen Teilnehmen- den nach Matching-Kriterien sehr wichtig • Schaffung überlappender Kategori- en in der Begegnung (Auswahl der Inhalte, Fokus auf Ressourcen „Wer kann was?“) • Förderliche Vorbilder (Teamer/- innen) während der ganzen Zeit • Gruppendynamische Maßnahmen mit wenig Sprachanteil wählen, kul- tursensibel, auf personale Distanz achten • Am Anfang mehr verpflichtendes Programm als in nur deutsch-soziali- sierten Gruppen.

Aus der eigenen Projekterfahrung leitet iko folgende Handlungsempfehlungen ab:

• Flucht nicht als Thema in die Begeg- nung integrieren • Eventuelle posttraumatische Be- lastungen bei den Geflüchteten be- achten (Vorbereitung der Teamer/- innen, keine Erzählungen anregen, Nachsorge, kein „therapeutisches“ Programm) • Dyaden-Formate 9 (Dinge von zwei Seiten zu betrachten) haben günsti- ge Wirkung • Ressourcen- und Stärken orientierte Inhalte für alle Teilnehmenden • Betonung von Gemeinsamkeiten durch das Programm (dritter Ort) • Augenhöhe: oftmals schwer zu halten, aber dringend erforderlich (gute Teamer/-innenvorbereitung, entsprechendes Programm) 9 „Dyaden (griechisch: Zweiheit) sind eine beson- dere Form des Tiefeninterviews: Zwei Teilnehmer werden zu einem gemeinsamen Gespräch geladen, das von einem Interviewer moderiert wird. Diese Gesprächskonstellation bietet eine ausgeprägte In- tensität der interpersonalen Beziehung und Interak- tion. Die Befragten werden motiviert, während des Interviews einen Perspektivenwechsel vorzunehmen und die eigene Sicht kritisch zu hinterfragen. Dadurch können auch gegenseitige Erwartungen und Diskre- panzen in der Selbst- und Fremdwahrnehmung auf- gedeckt werden. Nicht zuletzt führt die gegenseitige Beeinflussung in der Kommunikation zu einem höhe- ren emotionalen Involvement und stärkt damit die Aussagekraft der Ergebnisse.“ http://www.phaydon. de/methoden/qualitative-forschung/dyade/

Weitere Informationen und Kontaktadressen:

• IKO Büro Regensburg Heike Abt

Wittelsbacherstr. 6 93049 Regensburg

Tel.: +49 (0)941 290 206 74 E-Mail: info@iko-consult.de

• Langzeitwirkungen internationaler Jugendbegegnungen Orientierungshilfe für die Praxis

https://www.ijab.de/uploads/tx_ttpro- ducts/datasheet/studie-folder-Praxis- Mai2013.pdf

• Langzeitwirkungen internationaler Jugendbegegnungen Infos für Politik und Verwaltung

https://www.ijab.de/uploads/tx_ttpro- ducts/datasheet/studie-folderA-politik- 130227-web.pdf

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