Eigentuemer:in Magazin 2023

NACHFRAGE ÖSTERREICH

Zinsanstieg bei Wohnbaukrediten zwar etwas, doch der Trend zeigt weiterhin nach oben. Im März 2023 lagen die Nominalzinsen bei durchschnittlich 3,60 Prozent. Nach einer Phase historisch niedriger Zin- sen sind Kredite also wieder teurer geworden. Der Richtungswechsel in der europäischen Geldpolitik hat spürbare Auswirkungen auf den Immobilienmarkt, wie Marktdaten von ImmoScout24 zeigen. Die Nachfrage in Österreich richtet sich wieder verstärkt auf Mietobjekte: „Unsicherheit und Krisen, ge- stiegene Lebenshaltungskosten und strengere Kreditvorgaben führen zu einem Anstieg bei der Suche nach verfügbaren Mietwohnungen“, erklärt Markus Dejmek, Österreich-Chef von ImmoScout24. Bereits gegen Ende des Vorjahres verzeichnete ImmoScout24 ein Nachfrageplus bei Mietwohnungen. Im März lag es österreich- weit bei acht Prozent und sogar bei 20 Prozent in Wien. Heiße Preise Zugleich ist die Nachfrage nach Eigentums- wohnungen gesunken. Im März 2023 lag sie 27 Prozent unter der Nachfrage von vor einem Jahr. In Wien reduzierte sie sich um 20 Pro- zent: „Kredite sind teurer geworden und die Leistbarkeit von Kaufwohnungen ist damit zu- rückgegangen“, erklärt Matthias Brandstetter, Head of Product bei ImmoScout24 Österreich. Dies wirkt sich auf die Preise aus, die langsam sinken. Österreichweit sind die Angebote für Kaufimmobilien auf der Immobilienplattform im Jahresabstand um zwei Prozent günstiger ge- worden. Auf dem Mietmarkt führt die stark gestiege- ne Nachfrage naturgemäß zu höheren Preisen. Welche Marktseite sich allerdings mittelfristig durchsetzen wird, scheint noch nicht klar: „Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage zeigt sich besonders beim Mietpreis, wo die Durch- schnittswohnung inklusive Betriebskosten um 1.244 Euro angeboten wird, die Nachfragenden im Schnitt aber nur 977 Euro bezahlen wollen“,

sagt Matthias Brandstetter. Bei den nun ange- botenen Immobilien lagen die Mieten im März durchschnittlich um 41 Prozent höher als ein Jahr davor. Aber auch auf der Nachfrageseite werden höhere Mieten allmählich akzeptiert. Die Mieten der nachgefragten Objekte wa- ren zuletzt um 14 Prozent höher als noch vor einem Jahr. Dass Suchende aufgrund der neu- en Marktlage ihre Ansprüche reduzieren, lässt sich nicht beobachten – zumindest, was die Im- mobiliengröße betrifft. Die durchschnittliche Fläche der gesuchten Wohnungen blieb sowohl im Kauf- als auch im Mietsektor praktisch un- verändert. Für andere Wohnungsmerkmale, wie zum Beispiel verfügbare Freiflächen, gilt dies nicht unbedingt. Wie es weitergehen könnte Die Zukunft des Immobilienmarktes ist frei- lich kaum vorauszusagen und hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab. Maßgebend wird sein, wie sich die Zinsen, die Inflation und mit ihr die wirtschaftliche Situation potenziel- ler Eigentümer:innen entwickeln. Geht es nach der Oesterreichischen Nationalbank, sollte man sich jedenfalls auf weitere Bewegung am Immobilienmarkt einstellen. Sie rechnet näm- lich mit einer deutlich rückläufigen Zahl von Fertigstellungen im Wohnbau. Dies liege an den stark gestiegenen Bau- und Grundstücks- kosten, steigenden Zinsen, der Verschärfung der Kreditvergaberichtlinien sowie sinkenden Realeinkommen, welche die Bauwirtschaft stark treffen. Andererseits sieht die Nationalbank ein Überangebot an Wohnungen, das sich durch Rekordzahlen bei den Fertigstellungen zwischen 2019 und 2021 aufgebaut habe. Im laufenden Jahr werde dieses Überangebot auf 50.000 Ein- heiten ansteigen, schätzt die OeNB. Wie sich all das auf die Kauf- und Mietpreise auswirken wird, bleibt abzuwarten. „Die Markt- daten legen jedenfalls nahe, dass sich zumindest die Immobilienträume der Österreicher:innen noch nicht grundlegend verändert haben“, fasst Markus Dejmek zusammen. °

DURCHSCHNITTSPREIS NACHGEFRAGTER IMMOBILIEN

DURCHSCHNITTSPREIS ANGEBOTENER IMMOBILIEN

MIETE

MIETE

KAUF

+8 %

-27 %

MIETE

Die Situation auf dem österreichi- schen Immobilienmarkt hat sich gegenüber dem Vorjahr spürbar verändert. Daten von ImmoScout24 vom März zeigen eine deutliche Verschiebung der Nachfrage in Richtung Miete.

KAUF

KAUF

+14 %

+41 %

-3 %

-2 %

erklärt werden“, schreiben die Studienautoren. Hinsichtlich der Eigentumsfinanzierung zeigen die Daten der OECD, dass in Österreich ledig- lich 60 Prozent aller Hauptwohnsitze im Eigen- tum frei von Kreditbelastungen sind, während auf 40 Prozent der Hauptwohnsitze im Eigen- tum aktuell eine Hypothek ruht. Ein Umstand, der in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen an Bedeutung für den Immobilientraum und dessen Realisierung gewonnen hat. Entscheidender Faktor: Zinsen Mit Jänner 2022 begann eine Trendwende. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte im Kampf gegen die rasant steigende Inflation damit begonnen, die Leitzinsen anzuheben. Damit begannen die Zinsen für in Österreich vergebene Kredite zur Wohnraumbeschaffung massiv zu steigen. Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) zufolge haben sie sich innerhalb nur eines Jahres mehr als verdop- pelt: von durchschnittlich 1,18 Prozent im Jänner 2022 auf 3,33 Prozent zum heurigen Jahresbeginn. Zuletzt verlangsamte sich der

WIEN IST ANDERS

Warum dies in Volkswirtschaften mit über- durchschnittlichem Pro-Kopf-Einkommen so ist, untersuchte eine Studie der Deutschen Bundesbank: „Ein gewichtiger Teil der im Län- dervergleich niedrigen Wohneigentumsquote in Deutschland kann durch eine relativ hohe Grunderwerbssteuer, die fehlende steuerliche Abzugsmöglichkeit von Hypothekenzinsen für Eigennutzer und den sozialen Wohnungsbau In Wien dominieren Mietverhält- nisse den Wohnungsmarkt. Dies zeigt sich nicht nur in einer sehr niedrigen Eigentumsquote, son- dern macht sich auch bei der Nachfrage bemerkbar: Während die Nachfrage nach Mietwohnun- gen österreichweit um acht Pro- zent gestiegen ist, sind es in Wien satte 20 Prozent.

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