IJAB journal 01/2023

IM FOKUS – Jugend, Frieden und Sicherheit

NATO und die Agenda Jugend, Frieden, und Sicherheit – wie passt das zusammen?

Sina Gussek

Noch nie gab es auf der Erde so viele junge Menschen wie heute – die Einbeziehung ihrer Zukunfts- visionen ist daher von entscheidender Bedeutung. Sicherheitsorganisationen wie die NATO spielen hier eine wichtige Rolle, indem sie den Anliegen junger Menschen Gehör schenken und Raum für die Mitgestaltung der strategischen Vision des Bündnisses schaffen.

Junge Menschen und Sicherheitspolitik: Was auf den ersten Blick als ungleiches Paar erscheinen mag, muss in der Praxis zusammengedacht werden. Es sind jun - ge Menschen und ihre Zukunft, die von sicherheitspo - litischen Entscheidungen von heute geprägt werden und dennoch viel zu selten an diesen beteiligt werden. Studien zeigen, dass im Jahr 2016 etwa 408 Millionen junge Menschen weltweit (im Alter von 15-29 Jahren) von bewaffneten Konflikten oder organisierter Gewalt betroffen waren – also jeder vierte von ihnen. Vor dem Hintergrund der steigenden Zahl von Konflikten ist es nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch der operativen Effizienz, Jugendliche in Sicherheitspolitik mitzudenken und einzubeziehen. Die Beteiligung junger Menschen wirkt sich nachweislich positiv auf Friedens - prozesse und Prävention von Gewalt aus. Darüber hin - aus können junge Menschen einen wichtigen Beitrag zur Friedensförderung leisten, indem sie Gleichaltrige ein - beziehen, auf Gemeindeebene arbeiten, den Dialog auf - rechterhalten und in polarisierten Kontexten Brücken bauen. Junge Menschen, die sich in der Friedensarbeit engagieren, lernen Frieden zu schätzen, erwerben Kom- petenzen und setzen sich oft ihr Leben lang für Frieden ein. Je nach Kontext können einige Jugendliche jedoch als Bedrohung für Frieden und Sicherheit wahrgenommen werden, etwa junge Männer, die im Verdacht stehen, sich gewalttätigen Gruppen oder bewaffneten Milizen anzuschließen. Dies kann zu Spannungen mit Sicher - heitsinstitutionen führen. Es ist entscheidend, diese Vorurteile zu hinterfragen, Spannungen abzubauen und vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen. Wir müs - sen Jugendliche als gleichberechtigte Partner*innen für Frieden anerkennen, den Dialog suchen und ihre Pers - pektiven aktiv miteinbeziehen.

Die NATO hat dies erkannt und sondiert derzeit eine Strategie, um die Agenda der Vereinten Nationen für Jugend, Frieden und Sicherheit effektiv und nachhal - tig in die Kernaufgaben des Bündnisses zu integrieren. Diese Strategie entsteht jedoch nicht in einem luftleeren Raum, denn die NATO bemüht sich bereits seit vielen Jahren um die Beteiligung junger Menschen. Im Rahmen der NATO 2030-Initiative wurden die NATO ‚Young Lea - ders‘ etabliert. Hierbei handelt es sich um eine Gruppe von jungen Berufstätigen zwischen 25 und 35 Jahren aus den NATO-Bündnisstaaten. Zu dieser vielfältigen Gruppe gehören Journalist*innen, Diplomat*innen, Ingenieur*innen, Abgeordnete und Führungskräfte, die gemeinsam einen umfassenden Bericht zur Vorlage für den NATO-Generalsekretär verfassten. Eng mit dieser Initiative verknüpft ist der ‚Youth Summit‘ (Jugendgip - fel), welcher seit zwei Jahren von der NATO ausgerich - tet wird. Im vergangenen Jahr fand der ‚Youth Summit‘ unter dem Thema ‚Securing Our Shared Future‘ (Unsere gemeinsame Zukunft sichern) statt und brachte junge Entscheidungsträger*innen aus ganz Europa, Nordame - rika und darüber hinaus zusammen. Sie befassten sich mit Themen, die die Jugendlichen selbst zuvor als ent - scheidend für die globale Sicherheit ausgewählt hatten. Ein besonderes Anliegen der Konferenz war es, unterschiedliche und unkonventionelle Stimmen zu Wort kommen zu lassen, von Aktivist*innen und Künstler*innen über führende Köpfe der Tech- nologiebranche bis hin zu NATO- Vertreter*innen.

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