IJAB journal 1|2023
Entsprechend breit ist auch das gesellschaftliche Enga - gement junger Menschen: Aufgrund der humanitären Lage im Lande finden wir viele junge Männer und vor allem Frauen in diesem Sektor engagiert. Im Jemen wird diese Art von Engagement auch als Friedensarbeit ver - standen, denn humanitäre Arbeit nimmt den Druck von und aus den Kommunen und senkt das Potential für Konflikte um den Zugang zu lokalen Ressourcen. Aber junge Menschen engagieren sich auch darüber hinaus für wirtschaftliche Entwicklung, indem sie zum Beispiel Fortbildungen für handwerkliche Berufe oder im Bereich IT und Online-Marketing organisieren und bereitstellen. Engagement trotz Gefahr und Repression Trotz der erheblichen Sicherheitsrisiken sind junge Men - schen im Jemen auch politisch engagiert, wobei dies stark davon abhängt, in welcher Region sie leben. In den von den Huthis kontrollierten Gebieten ist politisches Enga - gement fast unmöglich, zu repressiv ist der Polizeistaat, den die Autoritäten in Sanaa aufgebaut haben. Aber in vielen anderen Regionen gibt es neben Bemühungen auf lokaler Ebene, über Dialog mit Autoritäten eigene Interessen durchzusetzen, auch öffentliche Proteste, die nicht immer nur wirtschaftlicher Natur sind: Erst kürzlich gingen im von den Huthis kontrollierten Ibb nach dem Tod eines Huthi-kritischen YouTubers in Huthi-Gefan - genschaft hunderte vor allem junger Männer auf die Straße (Frauen protestierten von den Dächern) – einige von ihnen sitzen nun dafür im Gefängnis. 3
Viele junge Menschen engagieren sich kreativ und kon - struktiv für Kultur und Gesellschaft, zum Beispiel durch Maßnahmen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt auf lokaler Ebene mit dem Ziel, Vertrauen in gespalte - nen Gemeinschaften wieder aufzubauen und Kooperati- on zu fördern. Auch im Bereich Kultur gibt es unglaublich kreatives Engagement. Kulturelle Institutionen wie die Basement Foundation in Sanaa, Aden Again in Aden und Meemz im Hadhramawt (die alle drei vom Goethe-Insti - tut gefördert werden) bieten jungen Menschen Anlauf - stellen für verschiedenste kulturelle Interessen. Aber auch jenseits dieser Städte finden junge Menschen Mög - lichkeiten, ihren Visionen für eine bessere Zukunft durch Kunst Ausdruck zu verleihen. Die sozialen Medien erlau - ben es ihnen, ihre Produkte mit anderen Jemenit*innen zu teilen und so breitere Anerkennung zu finden. Darüber hinaus sind junge Menschen – dort wo möglich – auch in den Bereichen Sicherheit und Rechtsstaatlich - keit, Bildung und Umweltfragen aktiv, weitere Beispiele gibt es in der oben genannten Publikation. Das vielfäl - tige Engagement junger Frauen und Männer verweist auf das enorme Potenzial jugendlichen Engagements für Frieden und nachhaltige Entwicklung im Jemen, wenn die Chancen hierfür geboten werden. Die aktuel - len politischen Entwicklungen im Jemen und der Region lassen darauf hoffen, dass bald wieder mehr junge Men - schen für andere im Land aktiv werden können – denn derzeit bleiben die oben genannten Formen des Enga - gements oftmals ein Privileg, das dem Großteil junger Jemenit*innen vorenthalten bleibt.
Kontakt Marie-Christine Heinze Vorstandsvorsitzende CARPO – Center for Applied Research in Partnership with the Orient e. V.
3 ‚Rare anti-Houthi protests in Yemen after activitst’s death‘, in: AlArabiya News (24.03.2023). Online verfügbar unter https://english. alarabiya.net/News/gulf/2023/03/24/Rare-anti-Houthi-protests-in- Yemen-after-activist-s-death (13.06.2023)
Mail: heinze@carpo-bonn.org
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