Den Kindern fehlt es an lebendiger Kommunikation Trotz des Krieges wurde der Unterricht in der Ukraine seit dem Frühjahr fortgesetzt. Die Erfahrung während der Quarantäne hat gezeigt, dass dies möglich ist. Auch wenn die Familie ins Ausland gezogen ist, können die Kinder weiterhin in denselben Klassen und bei densel- ben Lehrer*innen lernen, mit denen sie zuvor gearbeitet haben. Wenn es nur Internet und entsprechende Geräte gäbe. Es ist ein erzwungener Schritt, der es ermöglicht, dem Schulprogramm zumindest nur minimal hinterher - zuhinken. Aber auch hier gibt es einen Nachteil – die Kin - der kommunizieren fast nicht live mit Gleichaltrigen. „Und Kinder brauchen Sozialisierung“, betont Sofia. „Von den vertriebenen Kindern, die mit uns arbeiten, gehen nur wenige in Iwano-Frankiwsk zur Schule. Die meisten sind jedoch in ihren Schulen und Klassen geblieben, wo sie bis zum 24. Februar gelernt haben. Und es ist sehr auf - fällig, dass ihnen die übliche Kommunikation fehlt. Wenn ich zu ihnen komme, fangen sie sofort an, Geschichten zu erzählen. Ja, mit den Eltern haben sie natürlich Kon - takt, aber sie brauchen auch andere Freunde.“ Darüber hinaus haben viele Kinder, die gerade erst nach Iwano-Frankiwsk gezogen sind, Probleme mit der ukrainischen Sprache. Obwohl die Staatssprache in der Ukraine Ukrainisch ist, wird im Alltag in den östlichen, südlichen und zentralen Regionen häufig Russisch ver - wendet. Dies ist das Ergebnis der in der Sowjetunion betriebenen Sprachpolitik. In dieser Hinsicht sind die westlichen Regionen der Russifizierung fast nicht zum Opfer gefallen. „Jetzt wechseln die Kinder sofort die Sprache, wenn sie in eine ukrainischsprachige Umgebung kommen. Sie müs - sen die ukrainische Sprache einfach öfter hören, daher ist die Live-Kommunikation sehr wichtig für sie“, erzählt Sofia. „Warum habe ich mich entschieden, anderen zu helfen?“ Sofia denkt nicht lange über die Antwort nach. „Ich kann nicht ohne Arbeit dastehen, wenn meine Heimatstadt besetzt ist, wenn mein Vater im Krieg ist. Mit Kindern ver- gisst man die Probleme. Sie freuen sich, wenn du einfach kommst. Und man fühlt sich sofort leichter, wenn man eine bestimmte Arbeit macht und das Ergebnis sofort sieht.“
Kontakt Iryna Nebesna
Mail: iryna.nebesna@gmail.com
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