können von uns Informationen aus erster Hand bekom - men und etwas daraus lernen.
Ich bin Filmemacherin und glaube, dass Kunst eine gute Therapie ist und eine gute Möglichkeit, über schwierige Themen zu sprechen und Gefühle auszudrücken. Heut - zutage können viele künstlerische Methoden der nicht- formalen Bildung eingesetzt werden. In erwähntem 7-Punkte-Papier steht: „Keine Media- tion ohne ukrainische Mediator*innen“. Ich habe das für mich übersetzt mit: „Redet mit uns und nicht über uns“. Ist es das, was gemeint ist? Ja, natürlich. Aber das ist kein neues Prinzip. Es ist eine der Grundregeln der Kommunikation. Wenn wir über Abtreibung sprechen, wollen wir nicht nur Män- ner zu Wort kommen lassen, sondern es ist für uns selbstverständlich, dass auch die betroffenen Frau - en gehört werden. Behandelt also bitte Menschen aus der Ukraine, die nach Deutschland geflohen sind, nicht wie Objekte, sondern wie eigenständig han - delnde Menschen, die über sich selbst bestimmen. Was den Jugendaustausch betrifft: Moderator*innen aus der Ukraine sind wichtig, denn nur sie können das Verhalten der Teilnehmer*innen aus der Ukraine richtig einschätzen. Ohne sie wird eine Begegnung unsicher, weil die deutschen Teammitglieder nicht verstehen kön - nen, aus welchem Kontext heraus ein Verhalten ent - standen ist. Wenn Teilnehmer*innen aus der Ukraine nach Deutschland oder Polen kommen, haben sie meist noch ihre Familien und Freund*innen zu Hause. Das löst Ängste aus, die für deutsche Teammitglieder schwer nachvollziehbar sind, und führt möglicherweise auch zu Verhaltensweisen, die sie nicht einordnen können. Moderator*innen aus der Ukraine tragen daher zur Qua - lität einer Begegnung bei, indem sie einen sicheren Raum für die Teilnehmer*innen schaffen.
Sowjetrepubliken kämpften in der Roten Armee und wa - ren als Zivilist*innen Kriegsverbrechen ausgesetzt. Viele Deutsche sehen das nicht, und deshalb sind sie gegen die Lieferung von Waffen, die gegen Russland eingesetzt werden. Die jungen Menschen in der Ukraine erwarten eine Un - terstützung, die ihren Bedürfnissen entspricht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verspüren sie kein Bedürfnis, mit Menschen in Russland zu reden. Wenn Menschen in Deutschland immer noch glauben, dass der Dialog mit Menschen aus Russland heute hilft, dann können sie das gerne tun, ohne Jugendliche aus der Ukraine einzubezie - hen. Junge Menschen aus der Ukraine haben in dieser Si tuation ein Recht auf Hass. Unsere Aufgabe ist es, Jugend - liche zu unterstützen. Dafür gibt es viele Methoden aus unserer 9-jährigen Erfahrung.
Junge Menschen aus der Ukraine: Informationen aus erster Hand Wie wichtig ist der Jugendaustausch für junge Menschen aus der Ukraine derzeit?
Der Jugendaustausch ist tatsächlich sehr wichtig. Nach der vollflächigen Invasion befinden sich viele junge Men - schen in der Ukraine in einem Zustand der Isolation. Sie brauchen den Austausch mit anderen, aber es braucht auch den richtigen Rahmen dafür. Wenn junge Menschen aus der Ukraine nach Polen oder Deutschland kommen, erleben sie eine andere Realität, in der das Leben normal weitergeht. Deshalb wollen sie sich mitteilen, sie wollen darüber sprechen, was sie zu Hause erleben und welche Zerstörung die russische Aggression anrichtet. Wir ha - ben eine sehr aktive Zivilgesellschaft, die über die Lage in der Ukraine informieren kann und will. Wenn wir also zu einem Austausch zusammenkommen, müssen wir über die russische Aggression sprechen und Informationen darüber weitergeben. Wir können den Krieg nicht verhin - dern, aber wir können eine starke Stimme gegen die rus - sische Propaganda sein. Junge Deutsche oder Pol*innen
Download Positionspapier „7 Punkte zu Krieg und Dialog“:
Kontakt Tetiana Kriukovska Tolerance in You
Web: toleranceinyou.com
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