USA-Special 2022: Deutsch-US-Amerikanischer Jugendaustausch

Politische Bildung

Raum fühlen, um diese Themen zu diskutieren und In- formationen offen zu teilen, denn es war uns bewusst, dass diese Themen teilweise sehr sensibel sind und es manchen schwerfallen kann, darüber zu sprechen. Da die Community dieses Projekts Jugendliche mit verschie- denem Hintergrund und aus verschiedenen sozialen Schichten repräsentiert hat, war es außerdem entschei- dend, dass jede*r die Meinungen und Perspektiven an- derer respektiert. Der Jugendbeirat für das Projekt hat deshalb schon früh ein Dokument mit „Richtlinien für die Kommunikation“ erarbeitet, das für alle Diskussio- nen Standards vorgab. Hierzu gehörte das Konzept eines safe words oder Signalwortes, um Gespräche zu beruhi- gen, falls es zu Anspannungen käme oder sich jemand attackiert oder beleidigt fühlen sollte. Ich fand es beein- druckend, dass die Jugendlichen derartige Richtlinien wollten, um einen zuverlässig sicheren Raum zu schaf- fen. Letztendlich waren jedoch alle unsere Gespräche konfliktfrei, sehr offen und transparent und unglaublich respektvoll. Wenn wir uns das zivilgesellschaftliche Engagement junger Menschen ansehen, was sind Ihrer Meinung nach die größten Unterschiede zwischen der Arbeit junger Führungspersönlichkeiten in Deutschland und den USA? Für mich hat diese Jugendbegegnung vor allem heraus- gestellt, wie ähnlich das Engagement junger Menschen, die sich in ihren Kommunen mit Problemen auseinander- setzen, auf beiden Seiten des Atlantiks ist. In allen zehn Städten setzen sich Jugendliche leidenschaftlich für Wan- del ein, informieren sich über Themen und drängen Ent- scheidungsträger*innen an ihren Schulen und in ihren Kommunalverwaltungen, neue Richtlinien und Politiken umzusetzen. Ein Unterschied zwischen Deutschland und den USA ist vielleicht, dass viele der amerikanischen Ju- gendorganisationen unabhängige, gemeinnützige Orga- nisationen sind, während die deutschen Organisationen formal Stellen der Kommunalverwaltung angeschlossen sind und von diesen finanziert werden. In manchen Fällen bedeutet diese formale Verbindung, dass Jugendliche bei der politischen Gestaltung ein größeres Mitspracherecht haben. Während der Jugendbegegnung gaben Jugendli- che ihrem klaren Wunsch Ausdruck, dass ihre Perspek- tiven gehört werden sollen. Teilnehmenden gefiel daher das Konzept offizieller Jugendräte, die jungen Menschen eine umfassendere Beteiligung an der Entscheidungsfin - dung in ihren Kommunen ermöglichen.

Jugendliche sind im Leben mit verschiedenen Heraus - forderungen konfrontiert, je nachdem wo sie leben und aufwachsen. Trotzdem scheinen Rassenungleich- heit, Klimawandel und Diversität die wichtigsten Fragen zu sein, die junge Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks bewegen. Warum ist es so wertvoll, wenn junge Menschen einen Blick auf das zivil- gesellschaftliche Leben und Engagement außerhalb ihres eigenen Landes werfen? Jede Gemeinschaft für sich mag vor ihren eigenen Her- ausforderungen stehen, aber Fragen wie der Klimawan- del und Diversität, Gleichheit und Inklusion haben eine viel größere Dimension. Zu lernen, wie verschiedene Orte und Länder versuchen, diesen Problemen zu begeg- nen (oder auch nicht), zu verstehen, was die wichtigsten Herausforderungen sind, und zu sehen, welche Ähn- lichkeiten zwischen unseren Gesellschaften bestehen – dadurch können junge Menschen voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen. Solche Begegnungen fördern auch das gegenseitige Verständnis, dass die Aus- einandersetzung mit diesen Fragen nicht nur eine ameri- kanische oder deutsche Herausforderung ist, sondern et- was, wofür wir alle verantwortlich sind, egal wo wir leben. Begriffe wie Rassismus, Diversität und Inklusion werden im deutschen und amerikanischen Kontext oft anders aufgefasst und verwendet, und die Dis- kussion dieser Begriffe kann schwierig sein. Wurde das im Jugendforum offensichtlich, und wie ist es Teil - nehmenden gelungen, für offene Gespräche zu diesen Themen einen sicheren Raum zu schaffen? Da Worte unterschiedlich verwendet werden, haben wir ein Glossar von Begriffen zu Diversität, Gleichheit und Inklusion geteilt, in dem Worte aufgeführt waren, die sowohl im amerikanischen als auch im deutschen Kon- text verwendet werden. Das hat Teilnehmende bei der Kommunikation unterstützt, weil sie die Bedeutung die- ser Begriffe besser verstanden haben. Während unserer Gespräche wollten wir, dass sich alle in einem sicheren

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