Deutsch-US-Amerikanischer Jugendaustausch – USA-Special 2022
Dadurch ist Aktivismus in den USA im Vergleich zu Deutschland sehr zersplittert, was bedeutet, dass nicht immer effektiv zusammenge - arbeitet wird. Gibt es fnanzielle Unterstützung? Vielleicht sogar staatliche oder regional-öffentliche? Es gibt vom Staat keine Fördermit- tel, außer vielleicht ein bisschen Steuererlassung, aber dafür sind philanthropisch motivierte Spen- den sowie Stiftungsmittel hier weit verbreitet. Wir sind nicht formiert,
Nimmst du hier einen Unterschied zwischen den Generationen wahr, was die Radikalisierung des Themas betrifft?
daher sind Stiftungsmittel nicht so interessant für uns. Aber es ist auch eine ressourcenintensive Sache, diese Stiftungsgelder zu beantragen und zu verwalten. Gera- de für Grassroots-Organisationen ist das eine sehr große Hürde, wenn sie kein festes Personal haben. Wir haben das große Glück, dass wir ein Spendenkonto haben. Das ist öffentlich zugänglich als Open Collective , jede*r kann die Transaktionen sehen. Wie wurde der Wiederaufbau, den du mitgestaltet hast, von deinem sozialen Umfeld aufgenommen und wie hat deine Peer-Group auf dein Engagement reagiert? Es war schon ein Kulturschock, als ich zurück in die USA kam: Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden hier als neue Themen betrachtet und als radikal angesehen. Wenn ich in meinem vorherigen Job versucht habe, Nach- haltigkeit als Thema in normale Konversation einzubrin- gen, hieß es immer „Oh, there goes Kat again …!“. Auch wenn das Thema Umwelt ein Thema in den Nachrichten ist, wird es anders als andere Themen betrachtet und nicht sehr ernstgenommen. Mittlerweile kommen fast alle meine Freund*innen aus dem Kreis der Aktivist*in- nen. Viele andere konnten sich unter Aktivismus, wie wir ihn mit Fridays for Future betreiben, nichts vorstellen. Sie kannten eher ehrenamtliches Engagement, bei dem man mal in die Suppenküche geht oder im Tierheim ein paar Stunden aushilft. Weil sie mich kennen und lieben, unter- stützen sie mich. Meine Mutter ist jetzt Feuer und Flamme für Nachhaltigkeit; sie war schon immer nachhaltig aufge- stellt, aber jetzt ist Nachhaltigkeit ein Schlagwort!
Ich glaube schon, dass Aktivismus dieser Art hier ein neu- es Konzept ist. Streiken ist arbeitsrechtlich in den USA viel schwieriger als in Deutschland und wird daher kaum gemacht. Ich glaube aber auch, dass Nachhaltigkeit als Thema noch nicht in den USA angekommen ist. Es wird mehr als Trend gesehen.
Wie funktioniert Umweltbildung dann in der Schule oder in anderen Kontexten?
Es wird immer mehr eingebracht, aber in der Regel durch einzelne, sehr engagierte Lehrer*innen. Lehrpläne än- dern sich hier sehr langsam. Daher sind Privatinitiativen und Organisationen sehr wichtig, die versuchen, Um- weltbildungsmaterial zu entwickeln, das in Schulen ange- wandt werden kann, um diese große Lücke zu schließen.
Stichwort Parents for Future : Wie erfährst du die Unterstützung der Eltern, aber auch der Schulen, was die Bewegung betrifft?
Wir hatten hier aufgrund von Corona noch nicht so vie- le Demos, aber ich kann mich auch nicht erinnern, auf irgendeiner Demo Schulen oder Klassen gesehen zu haben. Das Schulsystem erzeugt so einen Druck gute Noten zu kriegen, dass viele Schüler*innen alleine schon deswegen nicht im Unterricht fehlen würden. Besser würde es funktionieren, solche Aktivitäten als extra →
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