Partner Hund

RÜTTER

Ein Hund ist nicht „bockig“, denn das ist menschliches Verhalten Schauen wir uns nun noch Max aus dem Beispielkasten (Seite 31) an, der so gerne auf dem Sofa liegt. Auch ihm kann ich das Signal „Runter“ in winzig kleinen Schritten beibringen, indem ich ihn anleine, anfangs mit Futter vom Sofa her-unterlocke bzw. später belohne, so- bald er das Sofa verlassen hat. Alternativ baue ich anstelle des Signals „Runter“ (hier weiß der Hund genau genommen ja nur, was er nicht machen soll, nämlich auf dem Sofa liegen bleiben) das Signal „Decke“ auf. Hat Max gelernt, dass es sich für ihn lohnt, auf dieses Signal zur Decke zu laufen und sich dort abzule- gen, wird er sich irgendwann auch vom Sofa auf die Decke schicken lassen. Al- lerdings muss zuvor noch überprüft wer- den, dass nicht etwa Schmerzen die Ur- sache für das aggressive Verhalten sind. Tut dem Hund die Wirbelsäule oder die Hüfte weh, ist er vielleicht einfach nur froh, wenn er endlich gemütlich liegt. Das Aufstehen verbindet er mit erneuten Schmerzen, sodass er quasi aus Selbst- schutz knurrt. In dem Fall muss dann natürlich in erster Linie eine tiermedi- zinische Behandlung erfolgen! Auch der Gedanke, dass ein Hund „bockt“ oder „stur“ ist, wird von vie- len Menschen in einem Atemzug mit dem Begriff Dominanz genannt und folgt nicht selten nach der Feststellung,

beginnt damit ein Aggressionskreis- lauf, den man letztlich nicht gewinnen kann. Natürlich kann man dem Hund Gewalt antun, das wurde jahrelang in der Hundeerziehung so gemacht, lei- der. Unbedingter Gehorsam wurde er- wartet, es herrschte ein permanentes, militärisch anmutendes Brüllen, als wä- ren die Hunde schwerhörig. Der Hund schleicht dann gebrochen und ver- ängstigt hinter seinem Menschen her, immer darauf bedacht, keinen Fehler zu machen. Doch das hat kaum etwas mit einer liebevollen, vertrauensvollen, elterlichen Beziehung zu tun, die wir eigentlich anstreben wollen. Wie verhalte ich mich nun, wenn der Hund mich anknurrt? Im Fall der Hün- din Lisa aus dem Beispiel zeige ich ihr, dass „Beute hergeben“ für sie keinen Nachteil hat. Sie bekommt eine andere, viel bessere Beute dafür, oder eine be- sonders tolle Belohnung. In kleinsten Schritten bringt man ihr so mithilfe der positiven Verstärkung bei, dass Beute abgeben gut für sie ist, und konditioniert dazu dann ein Signal, wie z. B. das Wort „Aus“, damit Lisa zukünftig schneller weiß, welches Verhalten in dieser Situ- ation von ihr erwartet wird. Natürlich könnte man Lisa auch einfach die Beute überlassen. Wollen wir unserer Verant- wortung für den Hund aber nachkom- men, muss dieser lernen, alles, was er im Fang hat, in jeder Situation abzugeben.

Wenn man nicht möchte, dass der Hund auf dem Sofa liegt, dann bietetes sich an, mit ihm das Signal„Decke“ aufzubauen

re Hund jedoch nicht darauf beharren, dem anderen die Beute abzunehmen. Er wird sich abwenden und weggehen, sobald er merkt, dass der andere seine Beute ernsthaft verteidigt. Der Mensch aber will sich durchsetzen, denn sonst hat der Hund gewonnen. Und wenn dieser einmal gemerkt hat, dass er sich durchsetzen kann, wird er das immer wieder tun, und schon haben wir einen dominanten Hund. Viele Leser und Leserinnen werden sich jetzt dabei ertappt haben, dass ihnen im ersten Moment der Gedanke durch den Kopf gegangen ist: „Genau, das darf man doch nicht zulassen!“ Das ist die Krux mit der Dominanz. Denn das Prinzip der Dominanztheorie be- sagt im Grunde genommen genau das: „Wenn man jemanden als dominant bezeichnet, muss man ja eigentlich nur noch ,dominanter‘, also körperlich stärker sein, und schon hat man selbst Oberwasser …“ Doch Aggression löst man niemals mit Aggression, vielmehr

„Warum sollte sich der Hund draußen an uns orientieren, wenn er zu Hause selbst entscheidet?“

Der Hund soll dabei lernen, dass es sich für ihn lohnt, auf das Signal hin zur Decke zu laufen und sich darauf abzulegen

Auch Hunde, die das Sofa bereits als Liegeplatz für sich entdeckt hatten, lassen sich mit dem Signal „Decke“ wieder von der Couch herunterschicken

32 PARTNER HUND | JULI 2022

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