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DREI FRAGEN AN MELANIE VON GÖRTZ „Wir brauchen verlässliche Perspektiven“ Wachsende Zuversicht, aber auch neue Sorgen prägen die Stimmung in der Tourismusbranche. Melanie von Görtz vom Hotel- und Gaststätten- verband DEHOGA Baden-Württemberg gibt Einblicke.
Branche hat in der akuten Kri- senphase den Kopf nicht in den Sand gesteckt und viele neue Ideen entwickelt. Gar nicht mal immer, um Geld zu verdienen, sondern auch um die Beschäftigten zu halten: Hygienekonzepte wurden entwickelt. Tagesangebote von Hotelzimmern für das Homeoffice oder vielfältige Take-Away-Möglichkeiten.
daher nicht mehr, wobei der einzelne Gast das vermutlich nicht merken wird: Mittags- tische entfallen, Öffnungs- zeiten werden verkürzt, Veranstaltungen werden in der Zahl oder im Personen- umfang reduziert. Dank der stark anziehenden Nachfrage wächst bei vielen Betrieben zwar wieder Zuversicht. Der Neustart der Branche wird allerdings erschwert durch die massiv steigenden Kosten bei Energie, Lebensmitteln, Personal und wachsenden Unsicherheiten in Folge des Russland-Ukraine-Krieges. Umso mehr brauchen wir jetzt Planbarkeit und verläss- liche Perspektiven: Das Land muss sich unbedingt auf die Corona-Situation ab Herbst einstellen und bestmöglich Vorsorge treffen. Erneute Beschränkungen und Schlie- ßungen werden viele Unter- nehmen nicht überleben. Hatte die Pandemie auch positive Folgen auf die Branche? von Görtz: In der Krise ist klar geworden, wie unver- zichtbar Geselligkeit, Gastro- nomie und Verreisen für unsere Gesellschaft sind und wie viel den Menschen an Lebensqualität fehlt, wenn das Angebot ausbleibt. Unsere
Frau von Görtz, ist die Krise in der Tourismusbranche vorbei? Melanie von Görtz: Unsere Branche leidet immer noch unter den Nachwirkungen der Pandemiejahre mit neun Mo- naten des kompletten Lock- downs. Der Umsatzverlust in Baden-Württemberg beträgt 41,6 Prozent von 2019 auf 2021. Da in den Landeszahlen so populäre Ziele enthalten sind wie Schwarzwald oder Bodensee, ist die Situation vor Ort in unserer Region eher noch etwas schlechter gewe- sen. Es wird noch Jahre dau- ern, das wieder aufzufangen. Vom Vorkrisenniveau sind wir trotz der aktuell erfreulichen Entwicklung mit super Über- nachtungszahlen seit dem ersten Quartal 2022 noch mehr als ein Drittel entfernt, wobei sich diese Lücke über die Sommermonate hoffent- lich weiter verkleinern wird. Was brauchen die Unternehmen im Moment? von Görtz: Problematisch ist der massive Verlust an Beschäftigten insbesonde- re im zweiten Lockdown. 25 Prozent der Mitarbeiter waren weg. Auch wenn sich die Situation seit Herbst 2021 langsam wieder erholt, sind wir nicht da, wo wir hinwol- len. Manche Angebote gibt es
Erneute Be- schränkungen und Schließun- gen werden viele Unter- nehmen nicht überleben.“ Melanie von Görtz, DEHOGA
Melanie von Görtz leitet die Geschäfts - stelle des DEHOGA in Heidelberg.
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IHK Magazin Rhein-Neckar 06 | 2022
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