04-2019 D

Kann man sich eine schönere Kindheit vorstellen?

heit – dank der Einzelbetreuung der Kin- der durch die Lernhelfer sind wir nicht an fixe Schulferien gebunden, sondern kön- nen als Familie selber bestimmen, wann wir Ferien machen und auch einmal unter der Woche mit dem Team einen Ausflug unternehmen. Ausserdem können unsere Jungs in diesem Schulsystem optimal und individuell gefördert werden. Tiefe Freundschaften sind schwieriger Natürlich fehlen ihnen aber auch gleich- altrige Spielkameraden aus dem eigenen Kulturkreis. Die afrikanischen Freunde kommen zwar oft vorbei und sie spielen unbeschwert zusammen, doch je älter die Kinder werden, desto schwieriger ist es, tie- fe Freundschaften zu pflegen. Die einhei- mischen Kinder müssen oft zu Hause hel- fen, sind in der Schule eingespannt oder müssen zum Koranunterricht. Obwohl sich unsere Jungs auf Französisch verständigen können, ist es anders, als in der eigenen Muttersprache zu kommunizieren. Viele wertvolle Erfahrungen Dennoch: Eine schönere Kindheit als in Af- rika ist für uns kaum vorstellbar: Den gan- zen Tag kann man draussen sein, darf im Regen herumrennen, ohne Kindersitz im Auto mitfahren (das finden unsere Jungs

in der Schweiz voll blöd) und findet immer jemanden zum Spielen. Unsere Kinder sind sehr offen gegenüber fremden Men- schen. Sie haben gelernt, dass Menschen verschiedene Prioritäten im Leben haben können und man auch Freunde haben kann, die ganz anders leben, als man sich das gewohnt ist. Sie wissen, woher das Fleisch kommt (sie waren schonmehrmals im Schlachthaus), wie man eine Lasagne von Grund auf selber macht und können ihre Wäsche von Hand waschen. Das ist vielleicht nicht gerade die gefragteste Fä- higkeit in der Schweiz, aber trotzdem eine gute Erfahrung. Das Familienbild hat uns geprägt Letzthin sagte unser Jüngster: «Hier ha- ben die alten Menschen Kinder richtig gern!» Schön, dass ihm das auch aufge- fallen ist. Familie ist im afrikanischen Kon- text sehr zentral. Dieses Miteinander und Füreinander hat auch uns geprägt in un- serer Zeit hier. Zwei oder drei Mal pro Tag sitzen wir alle gemeinsam am Tisch zum Essen. Die Wochenenden verbringen wir meistens mit Ausflügen oder Spielen. Welche Familie in der Schweiz kann das von sich behaupten? Sandra TOGGENBURGER war mit ihrer Familie acht Jahre im ActionVIVRE Süd in Guinea im Einsatz. Im letzten Sommer sind sie in die Schweiz zurückgekommen.

«Was wünschst du dir zu Weihnach- ten?», frage ich meinen 8-jährigen Sohn. Seine Antwort: «Eine Tüte Gum- mibären wäre toll.» Diese Bescheiden- heit rührt mich. Für uns sind kleine Dinge speziell, die in der Schweiz wohl alltäglich sind. Es sind die einfachen Freuden des Lebens, die wir in Afrika sehr schätzen: Ein Aus- flug zum Stausee, Schlangenbrot auf dem Feuer im eigenen Hof, eine Übernachtung draussen unter dem Sternenhimmel. Un- sere Kinder können sich in der Natur hier gut beschäftigen: Sie bauen Pfeilbogen, sammeln Früchte von den Bäumen oder gehen im nahen Bach Fische fangen. Gazellen, Eulen und Enten als Haustiere Während unserer Zeit hier konnten wir auch eine Fülle an verschiedensten «Haus»-Tieren halten: Hunde, Katzen, Hühner, Enten, Kaninchen, Schildkröten, eine riesige Achatschnecke, eine junge Eule, eine kleine Gazelle und einmal gar eine ungiftige Schlange (die wir aller- dings bald wieder in die Freiheit entlies- sen). Ich finde es toll, wenn Kinder mit Tie- ren aufwachsen können und das ist hier in Guinea sehr viel einfacher zu handhaben als in der Schweiz, da wir genügend Platz haben. Auch sonst geniessen wir viel Frei-

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