04-2019 D

«Eine gute Frau ist eine Frau, die …» Familienwerte einmal anders

Gaëlle und Cédric leben mit ihren zwei Kindern in Guinea und inves- tieren sich dort in die Kirche und die Familien. Gerade in der Fami- lienarbeit sind sie mit ganz ande- ren Fragen und Werten konfron- tiert, als sie sich gewohnt sind. «Pastor, wie kommt es, dass Ihre Kin- der so fröhlich, aufgeweckt und in- telligent sind?» Diese Frage stellten wir vor kurzem einem unserer Mitar- beitern der Evangelisch-Protestanti- schen Kirche von Guinea (EPEG). Er ist der nationale Koordinator für die Arbeit mit Kindern, die von SAM glo- bal seit Jahren gefördert und unter- stützt wird. Seine Antwort war eine grosse Ermutigung für uns: «Das ist das Ergebnis von dem, was ich in den letzten Jahren gelernt habe, durch persönliche Beziehungen zu den Mitarbeitenden von ProTIM 2-2-2 und durch meine Ausbildung bei Kids-Team. Ich gebe das Gelernte nicht einfach nur an andere weiter, ich versuche, es zuerst in meiner ei- genen Familie zu leben.» Andere Familienstrukturen Je länger wir hier arbeiten, desto mehr wird uns bewusst, wie wich- tig die Arbeit unter Paaren, Famili- en und Kindern ist – nicht nur zum Wohle der einzelnen Familien, son- dern auch für das Wachstum der Kir- che und die Entwicklung der guinei- schen Gesellschaft. Guineische Familien haben meist

fünf bis acht Kinder, manchmal auch mehr. Die afrikanische Grossfamilie umfasst oft drei Generationen und somit zahlreiche Personen, die in einem Kontext extremer Armut er- nährt werden müssen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Mann meh- rere Frauen hat. Dies führt zu Riva- litäten, Bevorzugung und Proble- men im Zusammenleben. Eheliche Untreue ist sehr verbreitet und wird oft verharmlost. Viele Paare sind mit den Folgen der Beschneidung kon- frontiert, die die Sexualität erheblich erschweren. Wovon sind Beziehungen geprägt? Neulich wurde uns gesagt: «In Gui- nea ist eine gute Frau eine Frau, die gut gehorcht und gut kocht.» Die Kirche versucht, eine andere Bot- schaft zu vermitteln. Wir möchten die Kommunikation zwischen den Ehepartnern und ihr Miteinander fördern. Wir wollen Paaren beibrin- gen, Beziehungen zu leben, die von der guten Nachricht von Jesus Christus geprägt sind und die nicht nur von traditionellen Bräuchen und Verpflichtungen bestimmt werden. Keine Förderung der Kinder Während im Westen die Kinder oft im Mittelpunkt der Familie stehen, manchmal sogar zu sehr, werden die guineischen Kinder meist sich selbst überlassen. Die Erwachsenen be- schäftigen sich kaum mit ihnen und

die Kinder werden praktisch nicht gefördert. Bei einer Schulung mit rund 50 Müttern waren alle über- rascht zu hören, dass es eine gute Sache ist, mit den Kindern zu spie- len. Die Mütter befürchteten, dass die Kinder respektlos und wider- spenstig würden, wenn sich die El- tern auf die gleiche Stufe mit ihnen begäben. Auch in der Schule ist eine Entwicklung der Intelligenz und Kre- ativität der Kinder praktisch unmög- lich – zu gross sind die Klassen mit ihren 80 bis 100 Schülerinnen und Schülern und oftmals fehlt auch das pädagogische Wissen dafür. Die Familie legt das Fundament Wir leben nun seit zehn Monaten mit unseren beiden Kindern, zehn und zwölf Jahre alt, in Guinea. Hier haben wir die Bedeutung des Fami- lienlebens erst recht erkannt. Die Familie ist der erste Ort, an dem Identität aufgebaut und der Glaube weitergegeben wird, wo die Kinder gefördert werden und ihr Potenzial entfalten können – oder eben nicht. In den verschiedenen Schulungen, die wir für Paare, Leitende, Sonn- tagsschullehrpersonen, Eltern und so weiter geben, versuchen wir zu vermitteln, dass sich Gottes Liebe in sehr konkreter Weise in unseren Be- ziehungen untereinander zeigt. Und dies zuallererst in der Familie. Gaëlle und Cédric CHANSON, ProTIM 2-2-2 Kissidougou, Guinea

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