04-2019 D

«Jeder Abschnitt

hatte seine Vorzüge» Wesentliche konzentrieren. Das war für die Vorbereitungen und für das Erlernen der Sprache super. Als die Kinder dann da waren, haben sie vie- le Türen geöffnet: Die Leute haben uns freundlich zugelächelt, freuten sich mit uns und es ergaben sich sofort gute Gespräche. In Brasilien geniessen Kinder einen hohen Stel- lenwert und viele Privilegien. Zum Beispiel dürfen Familien immer zu- erst ins Flugzeug einsteigen. In der Schweiz hingegen wurden wir mit vier Kindern eher bemitleidet ... Schwierige Internatszeit

Martin und Susanne Baumann sind seit über 30 Jahren in Brasi- lien im Einsatz. In dieser Zeit hat sich ihre Familiensituation mehr- mals verändert, wie sie erzählen: 1986 bis 1988 bereiteten wir uns in der Schweiz und in England auf unseren Einsatz vor – da- mals waren wir noch zu zweit. 1988 bis 2011 waren wir als Fa- milie im Einsatz. Bei unserer Aus- reise 1988 war unser erster Sohn fünf Monate alt. Drei weitere Kinder kamen im Laufe der Jahre hinzu. Als junge Erwachsene zo- gen sie für ihre Ausbildungen in die Schweiz. 2012 bis 2017 waren wir nur zu zweit als Paar im Einsatz. Seit 2018 sind wir zu dritt: Bia, unsere 12-jährige brasilianische Pflegetochter, wohnt jetzt bei uns. Das Fürsorgeamt drohte Bias Mutter, die Kinder ins Kin- derheim zu bringen, wenn sie mit dem Trinken und den Dro- gen nicht aufhören würde. Wir hörten davon – und von Gott geführt entschieden wir uns, Bia eine neue Perspektive für ihr Le- ben zu ermöglichen. • • • •

Homeschooling-System eingeführt wurde, konnten wir wieder als Fa- milie zusammenleben. Dass heute unsere vier erwachsenen Kinder interkulturelle Arbeit nicht als et- was Negatives sehen, sondern sich sogar selber dafür interessieren, ist ein Geschenk von Gott und seiner Gnade zu verdanken. Wieder zu zweit Als die Kinder nach und nach für ihre Berufsausbildung in die Schweiz zo- gen und selbständig wurden, waren wir wieder zu zweit. Vieles musste neu überdacht und verdaut werden – das dauerte eine Weile. Aufgaben wurden überflüssig und besonders Susanne musste sich wieder neu orientieren. Jetzt haben wir beide viel Zeit, die wir in unsere Arbeit hier investieren können. Interkulturelle Mitarbeitende sind oft unterwegs und erleben viele Wechsel. Das ist nicht für jedes Fami- lienmitglied einfach. Wir empfehlen darum jungen Familien, möglichst regelmässige Heimataufenthalte zu planen und diese ähnlich zu ge- stalten. So gibt es für die Kinder ein Wiedersehen mit der Gemeinde, der Schule und demWohnort. Würden wir heute etwas anders ma- chen? Trotz grossen Unterschieden im Schulwesen würden wir unsere Kinder wahrscheinlich in einer bra- silianischen Schule unterrichten las- sen, mit dem Risiko, sie zu «echten Brasilianern» zu machen. So hätten wir die Schuljahre enger gemein- sam als Familie verbringen können. Susanne und Martin BAUMANN, ProSERTÃO, Brasilien

Die schwierigste Zeit war für uns alle, als die Kinder ins Internat nach Belém zogen, rund 1100 Kilometer entfernt. Wir sahen sie nur noch vier- mal im Jahr und waren mehr eine Ferienfamilie. Damals gab es keinen anderenWeg. ImVertrauen, dass uns Gott auch in diesen Dingen segnen und für unsere Kinder sorgen würde, konnten wir diesen Schritt getrost tun.Wir hielten uns an die Ratschläge älterer Mitarbeitenden, den Kindern eine gute Schulbildung zu ermög- lichen, sodass sie später auch den Anschluss an eine Ausbildung in der Schweiz schaffen würden. Einmal pro Woche telefonierten wir für mindes- tens zwei Stunden, umdie Beziehung mit ihnen zu pflegen. Das Gebet war unser ständiger Begleiter. Jahre spä- ter sagten uns die Kinder, dass die Internatszeit für sie zwar einerseits schwierig gewesen war, sie es aber andererseits auch cool fanden, mit so vielen gleichaltrigen Freunden zusammenzuleben und dass es oft lustig zu- und herging. Als 2002 das

Kinder haben einen hohen Stellenwert

Jeder Abschnitt der letzten 30 Jahre hatte seine Vorzüge: Als Paar waren wir flexibler, das Reisen war einfa- cher, wir konnten in einem kleinen Zimmer wohnen und uns auf das

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