04-2019 D

Naemi: Meine Mitbewohnerinnen wechseln ständig und ich wünsche mir manchmal, dass jemand da ist, der bleibt und mit dem ich alles teilen kann. In afrikanischen Ländern ist es unüblich, dass eine Frau in meinem Alter noch unverhei- ratet ist. Somit gehört es fast zum Alltag, dass jemand mich verheiraten oder heiraten möchte. Zudem hat eine unver- heiratete Frau automatisch einen geringeren Status und so- mit weniger Respekt. Man (oder besser gesagt: frau) muss sich den Respekt manchmal mehr «verdienen». Frédéric: Ein Nachteil ist, dass ich niemanden habe, der mir sehr nahe steht, um das zu teilen, was ich erlebe – Freuden, Herausforderungen, Schwierigkeiten oder auch einfach nur den Alltag. Agathe: In einer muslimischen Kultur wird man nie als eine vollständige Person betrachtet, solange man Single ist. Die Menschen können einen nicht in eine «Schublade» stecken, die sie kennen. Aber nach einer gewissen Zeit gewinnt man durch den Dienst, den man tut, den Respekt der Bevölkerung und wird akzeptiert.

Wo siehst du Nachteile?

Wo siehst du Gottes Wirken gerade in

Jenny: Man hat kein Ge- genüber, mit dem man das Leben mit allen Höhen und Tiefen teilen kann. Timo: Es fehlt eine Vertrau- ensperson, jemand, der mich kennt, mit dem ich meine Gedanken offen teilen kann. In Guinea gilt man erst als Mann, wenn man verheiratet ist. In der Arbeit mit Jugend- lichen ist das in Ordnung. Mit Familien, Beamten und älte- ren Männern ist der Kontakt aber schwieriger – es fehlt manchmal der Respekt.

Bezug auf die Partnerfrage?

Jenny: Gott hat mir die Begeisterung über die positiven Seiten des Singleseins erhalten. Timo: Die Partnerfrage hat Gott in den letz- ten Jahren oft genutzt, um meinen Ruf für die Arbeit im Ausland zu bestätigen und mir zu zeigen, dass ich meine Priorität auf die Beru- fung statt auf die Um- stände legen soll. Helen: Man muss ler- nen, Gott zu vertrau- en. Glaube ich, dass er das Beste für mich will? Und dass er besser weiss, was das Beste für mich ist? Das kann in bestimmten Situa-

Agathe, 51, seit 1996 im Einsatz

Hast du besondere Anekdoten oder Geschichten in Bezug auf dieses Thema? Helen: Als ich noch jünger war, wurde ich nach meinen Heimataufenthalten immer gefragt: «Hast du jetzt geheiratet?» Einmal wurde eine ältere Frau richtig böse, als ich verneinte: «Ja, weisst du denn nicht, dass du einen Mann brauchst, um Kinder zu kriegen?», fragte sie. Sie dachte wohl: Jetzt arbeitet dieseWeisse im Spital und weiss nicht mal darüber Bescheid – wie kann man nur so blöd sein! Agathe: Ein Nachbar bot an, mich zu heiraten, weil er Mitleid mit mir hatte, als er sah, dass ich nachts allein in meinem Haus war. Zuerst stellte er aber sicher, dass seine Frau damit auch einver- standen war … das gutgemeinte Angebot lehnte ich natürlich dankend ab.

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Timo, 28, seit 2018 im Einsatz

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