N ach rund einem Vierteljahrhun- dert Pause nahm die 1920 ge- gründete Deutsche Reichsbahn die Idee des elektrischen Hochgeschwin- digkeitsverkehrs wieder auf – zunächst aber eher verhalten, denn die Priorität lag zuerst auf den Diesel-Schnelltriebwagen (SVT) und wurde dann, schon bald nach der Machtübernahme der NSDAP, auf die Stromliniendampflok verlagert. Der Ausbau des elektrischen Streckennetzes in den drei „Kernzonen“ Bayern/Baden, Mitteldeutschland und Schlesien kam zwar gut voran, er erfolgte aber kaum nach dem Gesichtspunkt wesentlich höherer Geschwindigkeiten. Dafür geeignete E- Triebfahrzeuge wie die E18 waren dessen ungeachtet dennoch in Planung. 1933 beispielsweise konnte die Reichs- bahndirektion München durchsetzen, dass drei Exemplare eines elektrischen Schnell- triebwagens für bis zu 160km/h in Auftrag gegeben wurden. Äußerlich den SVT sehr ähnlich, wurden die zweiteiligen Fahrzeuge bis 1937 in Dienst gestellt und ausgiebig er- probt. Antriebstechnisch waren sie höchst verschieden ausgeführt: Der elT1900 be- saß einen Buchli-Antrieb nach Schwei- zer Vorbild, der elT1901 einen einfachen Tatzlagerantrieb, der sich direkt auf der Antriebsachse abstützte, und der elT1902 den AEG-Kleinow-Federtopfantrieb, der sich bereits bei schnellen Elektroloks wie Für schnelles Fahren wird der passendste E-Antrieb gesucht
E17 oder E04 bewährt hatte. Der Hohl- wellenantrieb mit Kraftübetragung per Federbündel wurde einst bei Westinghouse in den USA entwickelt und schließlich bei der AEG von Walter Kleinow für deutsche Verhältnisse optimiert. So war denn auch die Laufeigenschaft des elT1902 deutlich besser als die der bei- den anderen Triebwagen, denn der Tatzla- gerantrieb hatte zu viel ungefederte Masse und beim Buchli-System mit seinen Ge- lenkhebeln traten unerwünschte Vibrati- onen im oberen Geschwindigkeitsbereich auf. Ähnlich problematisch, wie bereits anno 1903, blieb auch das Thema Bremse: elT1900 und 1901 hatten eine mehrlösi- Die drei elT1900 bis 1902 (ab 1939: ET 11) kamen über das Prototypenstadium nicht hinaus (Farbpostkarte aus Bischofswiesen).
ge Druckluft-Trommelbremsanlage, der elT 1902 war dagegen klotzgebremst. Um dennoch selbst aus der Höchstgeschwin- digkeit heraus nach maximal 1000 Metern sicher zum Stehen zu kommen, waren Im Vergleich zu den Drehstrom-Versuchs- triebwagen von 1903 gab es große Fort- schritte bei der Führerraum-Gestaltung. alle drei Triebwagen zusätzlich mit einer Magnetschienenbremse ausgerüstet. Dies verhinderte jedoch auch nicht, dass ihre Höchstgeschwindigkeit zunächst auf le- diglich 120km/h beschränkt blieb. Dies war weniger der kritischen Brems- leistung, sondern hauptsächlich den bis auf den eigentlichen Fahrdraht vollkom- men starr aufgehängten Oberleitungs- Die Oberleitung verhinderte höchste Geschwindigkeiten
Federtopfantrieb des elT1902: Der Motor stützt sich am Drehgestellrahmen ab, die Federn sorgen für eine dynamische Kraftübertragung von der Hohlwelle auf die Räder.
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