Im Fokus
Die Baureihe 44 Öl bei Deutscher Bundes- und Reichsbahn „Öl-Jumbos“ Die Deutsche Bundesbahn wie auch die Reichsbahn in der DDR rüsteten ab 1958 insgesamt mehr als 120 Maschinen der Baureihe 44 mit einer Schwerölfeuerung aus. In beiden Teilen Deutschlands bildeten die Dreizylinder-Maschinen das Rückgrat im schweren Güterzugdienst. Während die Bundesbahn ihre letzten Ölloks 1977 abstellte, hatte die Baureihe 44 Öl bei der Reichsbahn erst 1982 ausgedient in Ost und West
H erbst 1981: Über den Wäldern und Feldern am Fuße des Hornberger Sattels, durch dessen Sandsteinmassiv Bergleute einst den 875 Meter langen Blankenheimer Tunnel getrieben haben, liegen Nebelschwaden, Tau bedeckt die Schienenköpfe. Aus der Ferne von Sangerhausen her erklingt ein Grummeln. Immer näher und näher kommt der unverwechselbare Drillingstakt zweier hart an der Leistungsgrenze arbeitender Dampflokomotiven der Baureihe 44 Öl . Die Hänge links und rechts des Bahn- damms verstärken das „Bellen“ der beiden „Jumbos“ zu einem wahren Getöse. An der Spitze des mit Gips beladenen 1.900-Tonnen-Güter- zuges Gdg 56405 Niedersachswerfen – Coswig (Anhalt) zeigt 44 0177 des Bahnbetriebswerkes Nordhausen, was in ihr steckt. Am Zugschluss schiebt 44 0789 des Bw Sangerhausen mit aller Kraft nach. Nur noch wenige hundert Meter bis zum Scheitelpunkt – dann ist es geschafft. Die beiden Heizer lehnen sich entspannt aus den Fenstern und beobachten die Abdampfwolken, die sich aus den Kaminen drängen. Kein Qualm, kein Rauch – eine perfekte Verbrennung vor der Einfahrt in den Tunnel. Die Ölhauptfeuerung macht es möglich. Doch die Tage der ölgefeuer- ten Dampfloks der Baureihe 44 sind gezählt: Bis zum 31. Dezember 1981 muss die Deutsche Reichsbahn aus energiepolitischen Gründen die Dreizylinder-Maschinen abstellen. Dann endet nach mehr als 20 Jahren die Ära der Baureihe 44 Öl , die einst bei der Deutschen Bundesbahn begann. Kosten sparen lautete die Devise Anfang der 1950er-Jahre befand sich die DB in einer angespannten betrieblichen Situation: Mit dem Wirtschaftswunder in der jungen Bundes- republik nahmen die Beförderungsleistungen auf der Schiene deutlich zu. Doch an einen schnellen Ausbau des elektrischen Streckennetzes sowie den umfassenden Einsatz von Dieseltriebfahr- zeugen im schweren Güterzugdienst war nicht zu denken. Parallel dazu stiegen die Ausgaben für die benötigte Steinkohle immer weiter an. Hatte die DB 1948 für eine Tonne Steinkohle im Durch- schnitt 47 D-Mark bezahlt, waren es Ende 1953
bereits mehr als 63 D-Mark. Der Preis für schwe- res Heizöl blieb hingegen nahezu konstant. Anfang 1954 waren die Kosten für Steinkohle und Heizöl bezogen auf die Wärmemenge je Kilo- gramm Brennstoff fast identisch. Außerdem war schweres Heizöl in der Bundesrepublik in ausrei- chender Menge vorhanden, da der zähfließende, bitumenähnliche Brennstoff bei der Erdölverar- beitung als Abfallprodukt anfiel. Mit der stetig steigenden Benzin- und Dieselherstellung auf- grund des wachsenden Individualverkehrs auf den Straßen nahm auch das Angebot an schwe- rem Heizöl zu. Steinkohle wurde hingegen auf dem deutschen Markt immer knapper, sodass die DB Anfang der 1950er-Jahre rund 20 Prozent ihres Bedarfs aus dem Ausland beziehen musste. Die dafür notwendigen Transporte trieben die Brennstoffkosten in die Höhe. Vor diesem Hin- Mit Gips beladene Ganzzüge waren für die DR-Öl-44er eine der schwersten Leistungen. Hier hat 44 0989 im Sommer 1976 auf der Blankenheimer Rampe die 1.900-Tonnen- Fracht am Haken Thomas Rieger/Slg. Dirk Endisch
Besonders auf der Ruhr-Emsland-Strecke waren die DB-Öl-44er im Dauereinsatz. Am 5. Juli 1977 legt 043 666 mit einem VW-Autozug ein Pause bei Aschendorf ein Egon Pempelforth
10
Made with FlippingBook flipbook maker