eisenbahn magazin

Elloks der DR-Baureihe 250

Zugkraft und Robustheit mochte. Für einen (damals) jungen DB AG-Lok- führer eine eher ungewöhnliche Ein- schätzung, die allerdings durchaus den Tatsachen entsprach. Bereits kurz nach der „Wende“ wan- derten 1990 einige 250er zur Erpro- bung ins Ausland zur Deutschen Bundesbahn wie auch zur Schweizer Südostbahn. Dort herrschte seiner- zeit Mangel an leistungsfähigen Loks, und mit Baujahren ab 1977 wa- ren die 250er vergleichsweise jung. Nach erfolgreicher Erprobung kam es zum Abschluss entsprechender Mietverträge mit der DR. Im Fall der Bundesbahn regelte allerdings die Geschichte die Übernahme der Loks.

der auch einen Blick auf die Ba- denden am Rheinufer wagen. Kurz hinter Unkel hieß es aber zu- nächst Bremsen, denn das Vor- signal zeigte „Halt erwarten“. „Tja, da haben wir wohl eine Re- gionalbahn eingeholt“, bemerkte Dirk lakonisch. Als der Zug am Hauptsignal zum Stehen kam, nutzte ich die Gelegenheit für ein Foto. Fünf Minuten später ging es weiter. Trotz der im Fahr- plan ausgewiesenen 100 km/h beschleunigte ich nur mäßig und ließ den Zug mit 70 bis 80 km/h rollen. Die Signale blieben grün und wir kamen recht gut nach Ko- blenz-Lützel.

Lokführer Dirk Lauterbach am Pult der 155 178

Passend zum Spitznamen machten sie sich im kombinierten Verkehr vor Containerzügen nützlich. Die bespannten sie auch auf der Rheinstrecke und gelangten so bald nach Köln und damit auf den Ausbildungsplan von Dirk, der den Loks im Gegensatz zu einigen Kollegen offen gegenüber- stand. Abfahrt Richtung Koblenz-Lützel „Nun wird es ernst für Dich!“, mit diesen Worten setzte Dirk die Lok an den Zug. Ich stieg ab und übernahm das Ankuppeln. Bis zur eigentlichen Abfahrt blieb noch etwas Zeit für ein kurzes Gespräch mit dem Wagenmeister, denn das Luftpumpen, sprich Auffüllen der Bremsen, dauerte bei dem Zug doch etwas länger. „Tja, noch vor drei Monaten saßen wir alle mit Kurzarbeit zu- hause, und nun habe ich schon wieder 90 Überstunden. Es fehlen die Leute!“ Wenig später folgten die Bremsprobe und die Fertigmeldung an den Fahr- dienstleiter. Ich machte es mir inzwischen wie geheißen auf dem Lokführer- sitz bequem und warf einen letzten Blick auf die Instrumente. Als das Rot- licht am Signal verschwand, ging es los: Bremse auslösen, kurz warten und

„Habt ihr die leeren Holzwagen dabei? Die können nicht laden und warten sehnlichst drauf“, begrüßte uns der Rangierer in Lützel. „Klar, sogar nagel- neue“, lautete die Antwort. Die Rangierlok war noch beschäftigt und so blieb mir Zeit für ein paar eindrucksvolle Fotos zur blauen Stunde. Dazu animierten mich auch die hier noch stehenden Formsignale. „Das gefällt Dir, was? Lok fahren und Fotografieren.“ Dirks Einschätzung traf ins Schwarze, wobei er durchaus Gefallen an der Rolle des Ausbilders fand und sich freute, während der Nacht jemanden zum Unterhalten zu haben. Die Alternative waren ansonsten kurze Telefonate mit Fahrdienstleitern oder Funkgespräche mit Kollegen, denen man begegnete, fallweise auch mal ein kurzer Gute-Nacht-Gruß an die Kinder, auch wenn nicht dienstli-

ches Telefonieren eigentlich untersagt ist. Durch die Nacht nach Ehrang

„Wagen abgesetzt, Zugschluss neu, ihr könnt weiter!“ Fertigmeldung beim Fahrdienstleiter, eine Kreuzung mit einem IC und weiter ging es durch die Nacht. Zuerst wieder mit 40 raus aus dem Güterbahnhof und

dann rechts weg ins Moseltal. Aufschalten, Be- schleunigen auf 80 km/h. Klack, klack, klack. Die 155 lag auf den Schienen wie ein Brett und zog klaglos ihren Zug. Alles grün – eine ruhige Nacht. Hell erleuchtet grüßte die kleine Kirche von Hatzenport. „Achtung, Gelb!“, unterbrach Dirk die nur vom Betriebsgeräusch der Lok ge-

dann klack. Deutlich hörbar rastete der Fahrschalter ein. Das charakteristische Geräusch, welches dann folgte, war das Anziehen der Fahrmotortrenn- schütze. Ganz langsam setzte sich die Lok in Bewe- gung. Erstmal den Zug sich strecken lassen und dann weiter, so hatte ich es seinerzeit bei meinen ersten ei- genen Fahrversuchen gelernt. Später hatte ich mehr-

Die 155 lag auf den Schie- nen wie ein Brett und zog klaglos ihren Zug durch das Moseltal bis Ehrang

störte Stille. Auch ich hatte die Warnstellung des Vorsignals im langgezo- genen Bogen schon erkannt und leitete die Bremsung mit Widerstands- und kombinierter Luftbremse ein. Das sollte nach dem Willen der Kon- strukteure den Bremsklotz- und Radsatzverschleiß an den Loks reduzie- ren, was sich in der Praxis auch so zeigte. Am Signal selbst war dann die Wachsamkeitstaste zu bedienen und eine weitere Bremsstufe einzuleiten. Die Tonnen hinter der Lok schoben ganz gut, trotzdem blieb alles im grünen Bereich. Kurz vorm Anhalten auch das Signal. Wir waren uns einig: Der Fahrdienstleiter war offenbar nicht der Schnellste. „Nun weißt Du, warum ich gern eine 155er habe. Damit kom- men wir hier in der Steigung recht schnell wieder weg. Mit einem 4.000-Tonnen-Kohlenzug und einer 140er hätte ich jetzt leichte Pro- bleme“, lautete Dirks Kommentar. Klack, klack, klack – wenig später und scheinbar mühelos rollten wir wieder mit 90 km/h durchs Moseltal. Nur die Amperemeter verrieten die Anstrengung der Maschine. Lichter spie- gelten sich im Fluss, und schemenhaft grüßten uns die Weinberge. Unseren Endbahnhof Ehrang erreichten wir aus meiner Sicht viel zu schnell. Während Dirk den Zug an den ablösenden Kollegen übergab, machte ich eine letzte Aufnahme von 155 178. Klack, Tür zu und weiter rollte sie mit neuem Lokführer durch die Nacht. „Da hast Du ja nun eine schöne Geschichte mit schicken Fotos“, resümierte Dirk unsere Tour. MKL

fach Gelegenheit, Schäden zu beseitigen, die Kollegen durch Missachtung dieses Grundsatzes verursachten: Austausch abgerissener Zughaken und von mitgenommenen Hemmschuhen gar nicht erst zu reden … „Gut gelernt!“, kommentierte Dirk meine Fahrweise und gab mir noch einen wichtigen Hinweis: „Die Lok hat eine Aufforderungs-Sifa, denk daran, sonst kommen wir nicht sehr weit.“ Die Sicherheitsfahrschaltung dient der Über- wachung des Lokführers. Reagiert er nicht auf die etwa halbminütigen Auf- forderungen zunächst per Lichtsignal und dann per Hupe, leitet die Steue- rung der Lok automatisch eine Zwangsbremsung bis zum Stillstand ein. Während man allerdings bei modernen Triebfahrzeugen den entsprechen- den Fuß- oder Handtaster ständig gedrückt hält und nur gelegentlich los- lässt, reagiert eine Aufforderungs-Sifa genau umgekehrt. Sie darf nicht stän- dig, sondern nur auf Anforderung betätigt werden. Hier hat die 250/155 aber eine Besonderheit: Es ist dem Lokführer selbst überlassen, ob er einen Sifa-Hand- oder -Fußtaster ständig gedrückt hält und nur auf Aufforderung kurz loslässt, oder ob er die Sifa-Hand- oder -Fußtaster nur bei Aufforde- rung kurz drückt. Klack, klack, klack, schrittweise drehte ich den Fahrschalter weiter. Mit 40 km/h ging es raus aus dem Bahnhof auf die Strecke nach Troisdorf. Klack, klack, klack – weiter mit 90 bis 100 km/h in Richtung Koblenz. Die 155 hatte mit dem Zug nicht wirklich Mühe. Da konnte man hin und wie-

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eisenbahn magazin 8/2022

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