STATIONEN | BahnEpoche
Hamburg-Sülldorf Alt und Neu beisammen Ein Ausflugstipp für die „der- zeitige Saison“: In Sülldorf an
E s gibt auch heute Betriebsstellen bei der Bahn, die wirken, als seien sie aus der Zeit gefallen – im besten Wortsinn. Der S-Bahnhof Sülldorf zwischen Hamburg-Altona und Wedel ist ein solcher Platz. Hier, im Westen der Hansestadt, ver- läuft die S 1. Die zweitlängste Linie des Net- zes kommt von Wedel in Holstein und durch- misst die Metropole; in Ohlsdorf werden die Züge geteilt und fahren nach Poppenbüttel bzw. Hamburg Airport. Die Triebzüge der Baureihe 474 1+2 sind mit 25 bis 30 Jahren Dienstzeit selbst inzwischen die Oldies in Hamburgs S-Bahn-Alltag, aber wenn sie in Sülldorf vorfahren, wirken sie sehr modern. Wie vor 50 oder noch mehr Jahren In der Station kreuzen die Züge des einglei- sigen Abschnitts Wedel – Blankenese, und zwar mit Hilfe von Formsignalen. Ein Eisen- bahner bedient dazu in einem verschachtel- ten kleinen Backsteinbau die Hebel eines mechanischen Stellwerks. Er steuert auch die Schranken für den niveaugleichen Zu- gang zum Mittelbahnsteig. S-Bahn-Züge der 1990er und ein Betriebsablauf wie vor 50 Jahren oder mehr bilden einen reizvollen Kontrast, wie man ihn nicht mehr oft findet. Wer das erleben möchte, sollte sich aller- dings bald auf die Socken machen. Schon Hamburgs S-Bahn-Linie 1 fahren noch vergleichsweise moderne Triebzüge in einem nostalgischen Ambiente vor. Aber nicht mehr lange Von Peter Tadsen/Benno Wiesmüller/GM
Von Wedel kommend, trifft ein Zug der S 1 in Sülldorf ein. Gerade eben passiert er den beschrank- ten Übergang; links, im Vorbau des Gebäudes, befindet sich das Stellwerk (Juni 2016) Benno Wiesmüller
bahnsteig; bei einer Fußgängerbrücke – ohne Aufzüge oder Fahrtreppen – müssten sie etli- che Stufen steigen. Mitglieder einer Initiative fordern überdies den Erhalt des historischen Stationsgebäudes in Sülldorf, unter anderem wegen der Unterstellmöglichkeiten. Ob sie damit Erfolg haben, ließ sich bei Redaktionsschluss nicht sagen. Aber wie weitreichend die Umbauten auch sein wer- den: Das Zusammensein von Alt und Neu in der jetzigen Form bleibt nicht. Gute Gründe also für einen Ausflug nach Sülldorf.
2026 will die DB AG das Stellwerk auf- lassen und das historische Gebäude abbre- chen. Der schrankengesicherte Zugang zum Mittelbahnsteig soll laut den Planun- gen einer (noch zu bauenden) Fußgänger- brücke weichen. Die Weichen und Signale stellt dann der Eisenbahner im Stellwerk Wedel mit; der Arbeitsplatz in Sülldorf ent- fällt. Die DB AG verspricht sich die Einspa- rung von vier Vollzeitstellen, die Kunden sind dagegen nicht zufrieden. Jede Menge Fahrgäste nutzen den Zugang zum Mittel-
Kreuzung zweier Triebzüge der Baureihe 474 1+2 in Sülldorf. Interessant sind die unterschiedlichen Flügellängen der Formsignale: langer Flügel beim Signal links und – wegen der Sichtverhältnisse – kurzer Flügel am Signal rechts Peter Tadsen
Nach wie vor werden mit diesem mechanischen Stellwerk der Bauart Einheit Weichenriegel und Signale in Sülldorf bedient. Die Weichen stellt man hingegen elektrisch Benno Wiesmüller
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BAHN EXTRA 5/2025
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