Der 170 H war eine Fortsetzung des Typs 130 und ein Schwestermodell vom 170 V mit Frontmotor (V wie vorn) Was ist mit dem 55 PS starken 1,5-Liter- Sportwagen, den Sie zusätzlich für Sport- veranstaltungen gefordert hatten? KISSEL: Ach, auch der war mit seiner Strom- linienkarosserie nicht das, was wir erwartet hatten. Mit der nächsten Auflage dieses Autos wollten wir uns nicht mehr in die Mittelgrup- pe abdrängen lassen. Der musste im Ausse- hen, im Anzug und in der Endleistung besser sein als die Konkurrenz. Besonders besser als die BMW-Sportwagen. Konnten Sie den 130er verbessern? KISSEL: Leider nicht grundlegend. Ende No- vember 1934 hatten wir eingesehen, dass die Hecklastigkeit ein grundsätzlicher Fehler des Autos war und dass dieser Fehler kaum ganz behoben werden konnte. Der Neuaufbau war nicht möglich, die Form ließ eine Schwerge- wichtsverlagerung nach vorn nicht zu. Sagen Sie es nicht weiter, aber wir haben es so ge-
macht: Das Januar-Modell bekam eine beson- dere Farbgebung, sodass es in besserem Licht erschien, das Armaturenbrett wurde schöner. Die Sitzverstellung wurde verbessert, ebenso die Polsterung. Erst das Juli-Modell bekam eine bessere Luftzuführung durch Anwendung eines Ge- bläses. Die Bodenfreiheit wurde erhöht und der Tank wanderte nach vorne, was wieder- um mehr Platz für Koffer schaffte. Selbst die Hecklastigkeit konnte leicht korrigiert wer- den. Das Januar-Modell musste dafür etwas teurer werden als das bisherige, das Juli-Mo- dell wiederum etwas teurer werden als das Januar-Modell. Wie viele Heckmotorwagen wurden gebaut? KISSEL: Nicht so viele. Vom 130er-Modell im Jahr 1934 immerhin 2.205 Stück, 1935 1.781 Stück zum Preis von 3.680 Mark und 1936 noch 311 Exemplare für 3.200 Mark.
Und vom Nachfolger 170 H mit 38 PS star- kem Vierzylinder, gebaut von 1936 bis 1939, insgesamt 1.507 Stück. Beim Frontmotortyp 170 V waren es allerdings in der gleichen Zeit 67.579 Fahrzeuge ... War die Welt einfach noch nicht bereit für so eine Konstruktion, für so ein Design? KISSEL: Das haben Sie jetzt schön gesagt. Aber ich bin froh, trotz aller Probleme, dass wir die Ersten waren, die diesen Meilenstein des Automobilbaues auf die Räder stellten. Auch wenn es kein großer Erfolg wurde. Der erneute Einstieg Ihrer Firma ins Segment der kleinen Autos verlief mit der A-Klasse 1997 auch nicht ganz reibungslos. KISSEL: Wie bitte?
Äh, Dr. Kissel, wir bedanken uns für das Ge- spräch.
Der 170 H war der Heckmotorwagen mit dem größten Hubraum: 1,7 Liter. Der Motor wurde noch bis 1957 weiter eingesetzt
AUTO CLASSIC 4/2022
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