IHK-Global Business Ausgabe 2/2024

GEOECONOMICS

toner Vertrags verankerte Beistandspflicht zwischen den NATO-Partnern in Frage stellt. Prohibitive Importzölle – auch kurzfristig Exporteure von Waren in die USA sollten sich darauf ein- stellen, dass ihr Zugang zum US-Markt unter Trump II auch kurzfristig stark eingeschränkt werden oder sogar wegfallen kann. Das lehrt Trump I, stark von Trump I ein- gesetztes Instrument sind dabei prohibitiv hohe Zusatz- zölle auf Importe. Die EU wird als Gegenmaßnahme eben- falls mit Strafzöllen reagieren, so dass Importeure von Waren aus den USA mit einer Verteuerung der Importe rechnen müssen. Trump verfolgt eine merkantilistische Handelspolitik. Er schaut dabei sehr auf Handelsbilanzen. Handelsbilanz- defizite sind ihm ein Graus. Die USA haben traditionell hohe Handelsbilanzdefizite; seit Jahren schon insbeson- dere gegenüber der Volksrepublik China, Deutschland und Mexiko. Da Deutschland Teil der Europäischen Union ist, richtet sich Trumps Blick sowohl auf Deutschland als auch die EU. Sehr aufschlussreich ist seine Aussage vom 1. Juli 2018 auf Vox News: „The European Union is possibly as bad as China – just smaller, o.k.?” Insbesondere die deut- sche Automobilindustrie und die aus seiner Sicht zu hohen Kfz-Importe aus der EU hatte er dabei im Blick. Nicht nur Automobilbauer und -zulieferer haben wegen dieser Sichtweise, der sich in den USA bietenden Ge- schäftschancen und auch der von Biden gerade in Zu- kunftsbranchen verfolgten Local-Content-Politik reagiert und ihre Vor-Ort-Kapazitäten in den USA schon in den letzten Jahren ausgebaut – mit entsprechenden Auswir- kungen für Zulieferer auch auf vorgelagerten Wertschöp- fungsstufen. Trotz dieser erhöhten Vor-Ort-Fertigungskapazitäten in den USA stiegen die Pkw-Exporte aus Deutschland The European Union is possibly as bad as China – just smaller, o.k.? It’s terrible what they did to us. European Union: Take a look at the car situation. They send a Mercedes in, we can’t send our cars. And look what they do to our farmers. They don’t want our farm products. Now in all fairness they have their farmers... But we don't protect ours and they protect theirs” Donald Trump: im TV-Interview bei „Sunday Morning Futu- res” auf Fox News am 1. Juli 2018 auf die Frage, ob es es nicht besser wäre, wenn die USA gemeinsam mit ihren Partnern – wie etwa der EU – gegen die chinesische Handelspolitik vorgehen würden.

Matthias Kruse Geschäftsführer International

Eintrittswahrscheinlichkeit Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es zu einer Neuauflage Biden vs. Trump bei der US-Präsidentenwahl am 5. Novem- ber 2024 kommen. Auch, wenn sich die Mehrheit der US- Wahlberechtigten genau diese Neuauflage nicht wünscht. Vor die Wahl Biden oder Trump gestellt, sind die US- Wähler in Umfragen Mitte Januar ziemlich gespalten. Laut einer YouGov-Umfrage für den Economist vom 15. Januar würden 44 Prozent Biden und 43 Prozent Trump ihre Stimme geben. Tipp Wer sich über aktuelle Umfrageergebnisse auf dem Laufen- den halten möchte, ist bei Project 538 gut aufgehoben:

projects.fivethirtyeight.com/polls/president-general

Nach den Umfragen läge die Eintrittswahrscheinlich- keit von Trump II aktuell also bei 50:50. Schon dies ist Grund genug, sich mit den Auswirkungen auf das eigene Unternehmen einer Trump II-Administration zu beschäf- tigen. Wir verzichten an dieser Stelle auf weitere Wahlarith- metik, weil sie am Ende zu einer ähnlich hohen Eintritts- wahrscheinlichkeit führt; also auch bei Berücksichtigung der Situation in den fünf bis maximal neun Swing States, der wahlentscheidenden Themen, der voraussichtlichen Wählermobilisierung, von Gerichtsverfahren und zu er- wartender Wahlbeeinflussungen etwa durch Deepfakes insbesondere im Oktober. Auswirkungen Einige der zu erwartenden Auswirkungen für Unter- nehmen in unserer Region, egal ob mit oder ohne US-Ge- schäft, lassen sich durch die Erfahrungen mit Trump I abschätzen. Dabei werden die Auswirkungen auf Unternehmen in ihrer Intensität deutlich stärker sein als bei Trump I. Drei Hauptgründe dafür sind: 1. Checks and Balances innerhalb der US-Administra- tion und durch die (anderen Teile der) US-Legislati- ve, US-Gerichte und Medien wird es bei Trump II deutlich weniger als Trump I geben. 2. Erratische Entscheidungen durch ein Denken in Deals, zu denen es Unberechenbarkeit brauche, werden in einer geopolitisch gegenüber 2017–2021 nochmals deutlich angespannteren und komplexeren Welt- lage in 2025–2029 extremere Auswirkungen haben – selbst auf rein in der Metropolregion Rhein-Neckar tätige Unternehmen. 3. Viele supranationale Organisationen, die alle Akteure weltweit ein Stück weit einhegen, sind im Vergleich zur Zeit von Trump I deutlich geschwächt (siehe UNO). Andere können unter Trump II schnell an Kraft verlieren, zum Beispiel wenn Trump die in Artikel 5 des Washing-

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IHK Global Business 02/2024

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