GEOECONOMICS
Das lehrt Trump I: Unter der ersten Trump-Administra- tion verhandelten zum Beispiel auf Initiative und Druck der Trump-Administration Kanada, Mexiko und die USA das Frei- handelsabkommen USMCA als Nachfolger für NAFTA aus. Kern von USMCA sind Local-Content-Vorschriften. Sie gab es schon im Rahmen von NAFTA, wurden aber auf Druck von Trump I erhöht. Trump hatte zum Beispiel für Automobile eine Anhebung von 62,5 Prozent Fertigungsanteil in Kanada, Mexiko und den USA auf 85 Prozent Fertigungsanteil ge- fordert. Zusätzlich hatte Trump gefordert, dass 50 Prozent der gesamten Fertigung in den USA erbracht sein sollten, damit ein Auto frei in der Freihandelszone zirkulieren konnte. Am Ende einigten sich die drei Vertragsstaaten auf eine Anhebung des Local-Content-Anteils von 62,5 Prozent auf 75 Prozent. Mitarbeiterentsendungen und Chancen auf Fachkräfte Migration wird wahrscheinlich das am stärksten von den Republikanern gepushte Wahlkampfthema sein. Vorrangig geht es um die Masseneinwanderung aus Lateinamerika über die südliche Grenze der USA. Trump I lehrt jedoch, dass auch ganz andere Gruppen von Einwanderungs- und Einreisebeschränkungen be- troffen sein können. Auch kurzfristig. So setzte Trump per Proklamation am 22. Juni 2020 das für die Einreise quali- fizierter Arbeitskräfte in die USA zentrale H-1B-Visumpro- gramm und andere Arbeitsvisa-Programme aus – und zwar schon ab dem 24. Juni 2020. Biden I setzte diese Verfü- gungen wieder außer Kraft. Für Unternehmen bedeutet dies, dass im Zweifel nicht nur ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten unter Trump II in den USA ohne die Kreativität und das Wissen ausländischer Fachkräfte auskommen werden müssen. Auch zum Beispiel die Entsendung von Servicepersonal für Inbetriebnahmen, Wartungen, Reparaturen und ähn- lichen Leistungen könnte unter Trump II im Vergleich zu heute schwieriger werden. Tipp Prüfen Sie, ob ein Übergehen auf Fernwartungslösungen für den US-Markt für Ihr Unternehmen möglich und sinnvoll sein könnte. Technologieführerschaft: Exterritoriale Sanktionen Der Wettstreit um die technologische Vorherrschaft im 21. Jahrhundert zwischen der Volksrepublik China und den USA dürfte weiter zunehmen. Aktuell erleben wir ihn am offensichtlichsten bei Hochleistungschips und 5G- und 6G-Technologie. Künftige US-Administrationen werden noch stärker auf das Mittel exterritorialer Sanktionen im Hochtechnologie-Bereich setzen, etwa bei KI. Bei Trump II könnte dieses Mittel aber auch schnell An- wendung außerhalb der Hochtechnologie finden. Es kann dabei fast alle Bereiche treffen, indem diese als für die na- tionale Sicherheit der USA bedeutend eingestuft werden. Politikkontakte – Kennen und pflegen Sie Ihren lokalen Abgeordneten Der Einfluss anderer auf Trump ist begrenzt. Selbst wer ihm über Jahre treu ergeben ist, kann in Ungnade fallen,
wie auch das Beispiel seines Vizepräsidenten Mike Pence zeigt. Dennoch dürfte es sich lohnen, zu lokalen Politikern Kontakte zu besitzen. Es gibt nur 100 US-Senatoren, aber 435 US-Repräsentanten. Zahlenmäßig ist der Kontakt- aufbau zu einem Repräsentanten dadurch leichter. Alle Repräsentanten werden alle zwei Jahre neu gewählt. Zwar sind die meisten Kandidaten für die Wahl am 5. November 2024 noch nicht offiziell nominiert, aber durch die zu- nehmend in den USA grassierende Wahlkreisoptimierung, dürften in vielen Wahlkreisen die bisherigen Amtsinha- ber auch die neuen Repräsentanten sein, wenn sie sich zur Wiederwahl stellen. Eine Kontaktaufnahme mit den aktuellen Volksvertretern könnte sich deshalb schon jetzt lohnen. Tipp Versuchen Sie, Kontakte zu lokalen Politikern wie dem Repräsentanten oder Senator der Standortgemeinde beziehungs- weise des Sitzstaates im US-Kongress herzustellen; entweder über die eigene Tochtergesellschaft oder über den US-Distributor, der Ihre Produkte in den USA vertreibt. Jobs, Jobs, Jobs Was bei den Repräsentanten und Senatoren als Haupt- argument zählt, sind gutbezahlte Arbeitsplätze. Wer in Amerika seinen Arbeitsplatz verliert, verliert in aller Regel auch seine Krankenversicherung und fällt schnell durch das schwache soziale Netz. Die Fallhöhe für US-Amerika- ner ist also hoch. Ein die Lebenshaltungskosten deckender Job ist entsprechend viel wert. Wer also Jobs im eigenen Tochterunternehmen oder bei seinem US-Partner schafft, sollte damit argumentieren und das auch in der Öffentlich- keit herausstreichen. Tipp Wer das mit eigenen Jobs nicht kann, kann zumindest mit durch deutsche Unternehmen insgesamt im jeweiligen US-Bun- desstaat geschaffenen Job argumentieren. Aktuelle Zahlen sind, abrufbar unter: germanbusinessusa.com
Rechtssicherheit: Vielleicht besser auf Schiedsgerichte setzen?
Die USA haben bisher ein starkes Rechtssystem. Dieses könnte unter Trump II ins Wanken geraden. Trump hat angekündigt, bei einer erneuten Amtszeit die Justiz und die Gerichte dafür zu nutzen, jene zu verfolgen, die ihm aus seiner Sicht schaden wollten. Das Rechtssystem wird damit instrumentalisiert werden. Es droht, seine Un- abhängigkeit zu verlieren. Erst punktuell. Aber mit der Zeit kann das Rechtssystem unter Trump II insgesamt ins Rutschen geraten, weil das Instrumentalisieren der Justiz für persönliche Zwecke vorgelebt durch einen Prä- sidenten auf anderen Ebenen Nachahmer finden kann. Klagen gerade auf staatliche Genehmigungen oder gegen säumige staatliche Zahler könnten als erstes darunter leiden. Tipp Unternehmen sollten die Entwicklung beobachten und ge- gebenenfalls zum Beispiel über das Verankern einer Schiedsgerichts- klausel in ihren Verträgen mit US-Partnern nachdenken.
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IHK Global Business 02/2024
ihk.de/rhein-neckar
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