IHK-Magazin Ausgabe 05/2023

STANDORT

NACHFOLGER GESUCHT Die Beinahe-Schließung des Modehauses Müller

Am Ende ist es noch mal gutgegangen. Es wird weiter ein Modehaus in Eberbach geben. Der Weg dorthin war allerdings holprig, nicht zuletzt aufgrund von rechtlichen Vorgaben.

dann noch das Bestandsgebäu- de energetisch sanieren müsse, koste das Hunderttausende. Er geht zu seiner Bank und fragt, ob er einen Kredit bekommen würde. Nur theoretisch. „Da hat man mich zwar nicht aus- gelacht, aber angelacht.“ Müller teilt dem Interessenten also mit, dass er nur verkau- fen wolle. Ein Sachverständi- ger besichtigt das Gebäude. „Doch dann haben sie kalte Füße bekommen, so ein Haus ist heutzutage ein Klotz am Bein, ich kann das verstehen“, sagt Dietrich Müller. Der Deal platzt, die Eberbacher sind schockiert. Wieder ein Ge- schäft weg, wieder ein Leer- stand im Straßenbild. Unerwartet folgt schließlich die Wende im Juni. Ein Mode- händler, der in verschiedenen anderen Städten Geschäfte betreibt, kontaktiert die Mül- lers. Er könne sich vorstellen, die Immobilie zu kaufen. Das Angebot ist zwar nicht das, was sich die beiden vorgestellt haben. „Aber ich will mich in meinem Alter nicht mehr mit der Last einer Vermietung be- fassen“, erklärt Dietrich Müller. Ende Juni folgt der finale Handshake beim Notar. Damit enden mehr als 140 Jahre Familientradition. Für die 30 Mitarbeiterinnen und auch die Kunden aber gibt es Hoffnung. „Das hat uns sehr erleichtert“, freut sich Müller. Stefanie Ball

Eine Ära im Eberbacher Einzel- handel endet: Noch steht hier der Name Müller, ab September wird es ein anderer sein.

W enn Dietrich Müller und seine Schwester Sigrid Seisler Ende Juli die Türen des Modehaus Müller schließen, werden Eberbacher und alle treuen Kunden, die teils bis aus der Pfalz anreisen, ab dem 1. September weiter Kleidung in der Bahnhofstra- ße 32 kaufen können. Mode Müller ist ein Traditionsunter- nehmen, für das der Urgroß- vater 1879 mit einem Handel für Stoffdruckerei und Färberei den Grundstein legte. Dietrich Müller ist 71 Jahre alt, die Schwester 66, sei- ne Kinder sowie die seiner Schwester sind längst eigene Wege gegangen, von ihnen wollte – und konnte – niemand das Geschäft weiterführen. „So kann es nicht weitergehen, wir mussten eine Entschei- dung fällen“, blickt Dietrich Müller zurück. Und die Ent- scheidung hieß: Sie geben das

Geschäft auf. Die Immobilie soll verkauft werden. Doch dann meldet sich Ende 2022 ein Modeunternehmer, der bereits in derselben Straße einen Laden führt, mit dem Wunsch, das Modehaus Müller mit Namen, Konzept und Mit- arbeiterinnen weiterführen zu wollen. Die Immobilie möchte er allerdings nur mieten. Viele Wochen wird verhandelt, doch die Parteien können sich nicht auf einen für beide Seiten befriedigenden Miet- preis einigen. Gleichzeitig beherrschen die Debatten um das neue Gebäude-Energie- Gesetz die Medien. „Ich hatte zwar vor drei Jahren einen neuen Brenner bei der Öl- heizung eingebaut, aber auf dem neuesten Stand ist die Heizungsanlage nicht, wenn- gleich gemäß letzter Feuerstät- tenschau ohne Mängel“, sagt der Senior-Chef. Wenn Müller

Ich will mich in meinem Alter nicht mehr mit der Last einer Vermietung be- fassen. Dietrich Müller, langjähriger Ge - schäftsführer von Mode Müller

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IHK Magazin Rhein-Neckar 05 | 2023

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