01-2018 D

Kurzeinsatz: aus einem Jahr wurden zwei

Sommer 2017: In wenigen Stunden fliege ich in die Schweiz zurück. Die zehn Monate, die ich soeben in Gui- nea verbracht habe, sindwie imFlug vergangen. Aber wenn ich an meine Ankunft zurückdenke, so kann ich ganz klar erkennen, was für einen Weg ich in dieser Zeit gemacht habe. Und wie sehr ich mich darauf freue, ein zweites Jahr hier zu verbringen! Nach meinem Studium zur Primar- lehrerin habe ich ein Jahr lang in der Schweiz unterrichtet. In dieser Zeit hat ein Bekannter angerufen und gefragt, was ich davon halten würde, einen ein- jährigen Einsatz in Afrika zu machen und dort zu unterrichten. «Ich überlege es mir mal», habe ich geantwortet. Der Gedanke liess mich nicht mehr los und zwei Monate später entschied ich mich definitiv dafür, für ein Jahr nach Guinea zu reisen. Die Schulleitung war darü- ber nicht sehr erfreut, gerne hätten sie mich behalten. Aber der Direktor teilte mir auch mit, wie positiv ein Einsatz im Ausland für den Lebenslauf sei. So ging es im September 2016 los. Etwas bewirken Ich fühlte mich schnell wohl in Guinea und nach drei, vier Monaten war ich so richtig zuhause: Langsam begannen sich Freundschaften mit Guineern zu entwickeln, ich wurde immer sicherer im täglichen Umgang mit den Leuten, das Team war genial, meine Arbeit machte mir Spass und ich mochte das afrikanische Leben einfach. Zudem konnte ich wirklich etwas bewirken, mehr, als das in der Schweiz oft der Fall gewesen war. Ich begann darüber nachzudenken, vielleicht noch ein zweites Jahr anzu- hängen; gleichzeitig liebte ich meine

Arbeit in der Schweiz und wollte gerne in meine «alte» Schule zurückkehren. Ich sagte zu Gott: «Entweder meine frühere Schule oder Guinea!» Ich meldete mich deshalb bei meinem ehemaligen Arbeitgeber – doch irgend- wie wollte einfach keine Antwort kom- men. Mit der Zeit begann es mich zu stören, nicht zu wissen, was nächstes Jahr auf mich zukommen würde. Ich sprach mit meiner Mitbewohnerin darüber und wir kamen zum Schluss, dass Gott vielleicht wollte, dass ich die Entscheidung traf und von Herzen dahinterstehen konn- te. So entschied ich mich für ein zweites Jahr in Guinea, behielt es aber noch für mich. Und am nächsten Morgen war plötzlich die Antwort der Schule in mei- ner Mailbox: Leider konnten sie mir im Moment keinen Arbeitsplatz anbieten! Ich nahm es als Bestätigung von Gott, dass ich die richtige Entscheidung ge- troffen hatte. Ein paar Wochen später erhielt ich zwar dann ein Traumjoban- gebot dieser Schule, jedoch verlor ich nicht viele Gedanken daran, denn mei- ne Entscheidung war getroffen und ich empfand einen tiefen Frieden und Freu- de darüber. Und wie schön, dass ich mich nach mei- nem ersten Jahr nicht definitiv verab- schieden musste, sondern einfach «bis bald» sagen konnte! Ja: Afrika ist wirklich mein Zuhause geworden. Eine Herzensentscheidung

ich? Was hat mein zweijähriger Guinea- Aufenthalt für einen Einfluss auf meine Karriere, auf meine Beziehungen? Verlie- re ich den Anschluss? Für mich persönlich war und ist aber klar: Wenn Gott mich hierher gerufen hat, dann hat er auch den Rest in der Hand. Ich muss mir keine Sorgen darü- ber machen, was in der Schweiz ist und sein wird, denn er wird dafür sorgen.

Noémie STAUB verbringt gerade ihr zweites Jahr

als Kurzzeiterin im ActionVIVRE Süd

Was mache ich hier eigentlich? Wenn man an Schule in Afrika denkt, stellt man sich wohl vor allem kleine, etwas heruntergekommene Schulzim- mer vor, vollgestopft mit fünfzig afri- kanischen Kindern. Bei mir sieht das jedoch etwas anders aus: Ich unterrich- te zwei Kinder von Schweizer Mitarbei- tenden. Würden die Kinder die öffentliche Schule von Guinea besuchen, wäre es wegen des tiefen Schulniveaus un- möglich, sie eines Tages wieder ins Schweizer Schulsystem zu integrieren. Indem ich mich um den Unterricht kümmere, halte ich den Eltern den Rü- cken frei – sie müssen sich keine Sor- gen darum machen und können sich auf die Projektarbeit konzentrieren. Neben dem Unterricht habe ich immer noch genügend Zeit, ins afrikanische Leben einzutauchen und andere Auf- gaben zu übernehmen. An dieser Stelle geben Kurzzeitmitarbei- tende und Kinder von Mitarbeitenden etwas aus ihrem Leben weiter.

Er wird versorgen!

Natürlich habe ich mir in diesem Ent- scheidungsprozess auch einige Gedan- ken gemacht, vor allem was das Leben in der Schweiz betrifft: Was verpasse

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