Clausewitz

COL DI LANA

halten den Schlüssel zu dieser Region tags dar- auf somit wieder in der eigenen Hand. Wenige Wochen später enden schließlich vorerst die letzten großen Angriffe von italienischer Seite gegen den Col di Lana, an dem sich ihre Infan- terie- und Alpini-Kompanien mehrfach die Zähne ausbissen. Trauriger Höhepunkt Die Wintermonate sind geprägt von weiteren Vor- und Gegenstößen, Artillerieduellen und Patrouillen-Scharmützeln. Im Frühjahr 1916 folgt dann das explosivste Kapitel der verbis- sen geführten Kämpfe um den Col di Lana. So überlegt die italienische Seite bereits seit einiger Zeit, wie man dem Gegner endgültig die Kontrolle über die Bergspitze entreißen könnte. Längst ist deren Eroberung auch zu einem Prestigeobjekt beziehungsweise zu einer Frage der Ehre geworden. Da alle Versuche, den Gipfel dauerhaft unter Kontrolle zu bringen, bislang ver- lustreich scheiterten, zieht man nun andere Möglichkeiten in Betracht. Auf diese Weise reift schließlich der Plan zur Unterminie- rung des Col-di-Lana-Gipfels heran, dessen geistige Urheberschaft man in vielen Details vor allem dem italienischen Offizier Gelasio Caetani zuschreibt. Dieser besitzt praktische Erfahrung als Bergwerksingenieur und ist für den Ausbau der italienischen Stellungen mit Kavernen sowie zum Teil unterirdischen Zugangs- und Verbindungsgräben zuständig. In einer Denkschrift legt Caetani dar, dass es nach der Schneeschmelze im Frühjahr 1916 nicht möglich sein würde, den Col di Lana erfolgreich zu stürmen. Die geheimen Arbeiten zur Umsetzung seines letztlich von höherer Stelle gebilligten Plans starten noch Ende Dezember 1915. Mit Handbohrmaschinen, Meißeln und Schlägeln ELITE ALS STABILISATOR: Kaiserjäger-Regi- menter kämpfen 1915/16 an der Dolomiten- front und verhindern in zähem Kampf einen italienischen Durchbruch Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

unter Leitung eines Genieoffiziers die Arbei- ten durchführte.“ Anfang 1916 erkennt ein österreichischer Artilleriebeobachter, dass der Berggipfel von den Italienern unterminiert wird. Die Österrei- cher beginnen, einen Gegenstollen anzulegen und sprengen diesen am 5. April 1916. Ihre Gegenmine kann den italienischen Spreng- stollen allerdings nicht ernsthaft beschädigen. Derweil füllen die Italiener ihre dortigen Sprengkammern mit insgesamt mehreren Tonnen Explosivmitteln und bereiten sich fie- berhaft auf die groß angelegte Sprengaktion am Col di Lana vor. Die dramatischen und tra- gischen Ereignisse nehmen ihren Lauf: So löst noch in der Nacht vom 16. auf 17. April 1916 die 6. Kompanie unter Oberleutnant Anton von Tschurtschenthaler die 5. Kompanie des 2. Regiments der Tiroler Kaiserjäger ab und geht dadurch ihrem Untergang entgegen. Denn am 17. April 1916 setzt zunächst heftiger feind- licher Artilleriebeschuss ein, ehe man gegen 23:30 Uhr auf italienischer Seite die Sprengung des Gipfels auslöst. Diese reißt ein schwarzes IM HOCHGEBIRGE: Blick aus einem vereisten Felstunnel auf einen österreichischen Posten in den Dolomiten. Der Soldatenalltag ist oft ein- tönig und von vielen Widrigkeiten und Entbeh- rungen geprägt )RWRSLFWXUHDOOLDQFHDNJLPDJHV

treiben Spezialisten (Mineure) bei Tag und Nacht einen Stollen in den Fels – auf größeres Gerät verzichtet man wegen des damit ver- bundenen Geräuschpegels. Ein Offizier des II. Bataillons des 2. Tiroler Kaiserjäger-Regi- ments erinnert sich später: „Die Italiener hiel- ten ihre Stollenarbeiten sehr geheim. Selbst ihre in unmittelbarer Nähe der Arbeiten befindlichen Truppen erfuhren nichts über den Zweck. (…) Für die Arbeiten war eine eigene Kompanie ,Minori‘ bestimmt, welche

Literaturtipps

Michael Forcher: 7LUROXQGGHU(UVWH:HOWNULHJ (UHLJQLVVH+LQWHUJUÙQGH6FKLFNVDOH ,QQVEUXFN Wien 2014 Heinz von Lichem: *HELUJVNULHJt%G 2, Die Dolomitenfront von Trient bis zum Kreuz- bergsattel, %R]HQ Immanuel Voigt: Zeugnisse von der Dolomiten- IURQW'DV$OSHQNRUSVLQ%LOGHUQ%HULFKWHQ )RWRJUDƂHQ , Bozen 2017

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